PS: Des Ludwigs Selfiestange ist schon
ein ganz besonderes Prachtstück.
Das Smartphone von Madame scheint hingegen
wahrscheinlich nur eine Fernbedienung.
Durch den letzten Unfug ist mir nun endlich wieder eingefallen, worauf ich Dich noch hinweisen wollte:
Dein Satz »Schriftfont: "Centaur" – die gebräuchlichste venezianische Renaissance-Antiqua in der Zeit des Sonnenkönigs« liest sich zwar fachmännisch gut, ist aber kompletter Unfug:
– Zur Zeit des Sonnenkönigs (*1638, Regierungszeit 1661 bis 1715) gab es die Centaur noch gar nicht, sie stammt aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Zwar ist sie eine Schrift im Stile der venezianischen Renaissance-Antiqua, wirkt aber wesentlich moderner als z.B. die Schneidler mit ihren deutlichen Serifen-Einkehlungen.
– Aber auch die »Veneziani«, die venezianische Renaissance-Antiqua (ab etwa 1465), ist alles andere als eine Schriftart aus der Zeit des Sonnenkönigs. Aus ihr entwickelte schon um 1495 Francesco Griffo mit der Bembo die französische Renaissance-Antiqua, kurz auch Garalde genannt (Tante Wiki irrt mal wieder heftig, wenn sie die ersten Schriften dieses Typs auf das Ende des 17. Jh. datiert und als ihren Schöpfer Philippe Grandjean nennt, s.u.). Claude Garamond schuf dann um 1530 mit der nach ihm benannten Garamond die verbreitetste, in vielen Schnitten auch heute noch gebräuchliche Vertreterin dieser Schriftart.
– Ab etwa 1650 entstand dann die Barock-Antiqua, in Frankreich Réale genannt. 1692 erhielt Philippe Grandjean vom Sonnenkönig Louis XIV. den Auftrag zur Schaffung einer eigenen Schrift, der barocken »Romain du Roi«, die zunächst nur für königliche Drucksachen verwendet werden durfte. Aus ihr entwickelte Pierre Simon Fournier wenig später eine ähnliche Schrift für die allgemeine Verwendung.
– Für die Zeit des jungen Sonnenkönigs kann man also noch die frz. Renaissance-Antiqua, vor allem die Garamond, als die gebräuchlichste bezeichnen, später dann die Barock-Antiqua. Keinesfalls aber die Veneziani, erst recht nicht ihre moderne Vertreterin Centaur.
Notwendigerweise 'n bisschen lang geraten, aber ich weiss ja, wie sehr Du ausführliche Anmerkungen schätzt.
Vielen Dank für Deine wirklich geschätzten Erläuterungen. Bei Schrift und Renaissance bist Du der Experte.
Aber auch bei dieser Gelegenheit: nicht auf Tante Wiki schimpfen, sondern dort korrigieren. Die Wiki ist keine vom Bildungsministerium etablierte Institution, sondern lebt vom Mitmachen und hat eine "Qualitätsselbstkontrolle". Aber wenn sich die Kapazitäten dessen verweigern, darf man sich nicht über die im eigenen Saft schmorende Qualität wundern oder ereifern.
Hannes Gensfleisch 31/12/2017 15:36
PS: Des Ludwigs Selfiestange ist schonein ganz besonderes Prachtstück.
Das Smartphone von Madame scheint hingegen
wahrscheinlich nur eine Fernbedienung.