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Bibi Chanum

Wer Angst vor langen Texten hat, kann dies ruhig überspringen ;-)

Die Moschee der Bibi Chanum gehört zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten von Samarkand. Im 15. Jahrhundert war sie eine der größten und prächtigsten Moscheen der islamischen Welt. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war von ihr nur noch eine grandiose Ruine erhalten geblieben, doch inzwischen sind bedeutende Teile der Moschee durch Restaurierung wiederhergestellt worden.
Erbaut wurde die Moschee 1399 bis etwa 1404 auf Befehl von Timur (Tamerlan). Zuvor hatte Timur in mehreren erfolgreichen Feldzügen seine Macht von Syrien bis Indien ausgedehnt und war zum mächtigsten Herrscher der islamischen Welt aufgestiegen. Mit dem Bau der neuen Freitagsmoschee in seiner Hauptstadt Samarkand wollte Timur seiner Macht und seinem politischen und religiösen Anspruch ein Zeichen setzen. werden.
Die Moschee Bibi Chanum folgt dem Grundtypus der Hofmoschee: Ihre Außenmauern umschließen einen rechteckigen Bezirk mit den Maßen 167 mal 109 m, der längs in etwa von Nordosten nach Südwesten verläuft. Ihre Monumentalbauten und überdeckten Galerien lassen in der Mitte einen Innenhof von 78 mal 64 m frei.

Man betritt die Moschee von Nordosten durch die gestaffelten Bögen eines riesigen, etwa 40 m hohen Paradeportals und erreicht so den Innenhof. An der gegenüberliegenden Hofseite erhebt sich ein monumentaler, ebenfalls rund 40 m hoher Kuppelbau über quadratischem Grundriss. Er schließt mit der Südwestmauer der Moschee ab und überwölbt somit den Raum vor dem zentralen Mihrab der Anlage. Dieser Kuppelbau ist das größte Bauwerk der Moschee. Dennoch ist die Kuppel vom Hof aus nicht zu sehen, denn ihr ist ein den ganzen Bau verdeckender Pischtak vorgelagert: eine Schauwand, die einen monumentalen, tief eingelassenen Iwan umrahmt.
An der Mitte der Längsseiten des Innenhofes stehen sich zwei weitere, in ihren Ausmaßen wesentlich bescheidenere Kuppelbauten gegenüber, die ihrerseits an der Hofseite Pischtake mit Iwanen aufweisen. Auch der Portalbau, durch den man die Moschee betritt, öffnet sich zum Hof hin mit einem Iwan.
Die genannten Bauwerke waren um den Hof herum verbunden durch 7,2 m hohe, zum Hof hin offene Galerien. Deren Bedeckung wurde aus der Aneinanderreihung vieler kleiner, flach gemauerter Kuppelwölbungen gebildet und insgesamt von einem Wald aus über 400 Marmorsäulen und -pfeilern getragen. Heute sind nur noch Andeutungen der Galerien erkennbar.

Ein heute ebenfalls verlorener Schmuck der Moschee waren die vier Minarette an ihren äußeren Ecken. Von vier weiteren, noch mächtigeren Türmen oder Minaretten, die den Portalbogen des Eingangs und den Pischtak des Haupt-Kuppelbaus flankierten und stabilisierten, sind nur noch die Schäfte vorhanden.

In der Mitte des Innenhofes erhebt sich auf steinernem Podest ein riesiger Koranständer aus reliefverzierten Marmorblöcken, ebenfalls aus der Zeit Timurs.

Diese gewaltige Moschee mit ihren drei Kuppelräumen, den überdeckten Galerien und dem freien Innenhof war dazu bestimmt, die gesamte männliche Stadtbevölkerung von Samarkand zum gemeinsamen Freitagsgebet zu versammeln.
Bei der Konstruktion der drei Kuppeln kam eine in Timurs Zeit ausgefeilte Neuerung zur Anwendung: die Zweischaligkeit. So konnte etwa die erhabene, 40 m hohe Außenkuppel des Hauptbauwerks völlig auf gesteigerte ästhetische Außenwirkung hin gestaltet werden, während die innere Kuppelschale den Proportionen und der Ästhetik des 30 m hohen Innenraumes über dem Mihrab verpflichtet bleibt. Dasselbe gilt für die seitlichen Kuppelbauwerke: Hier ergab sich durch die Zweischaligkeit die Möglichkeit, die sonst bescheidenen Bauten turmartig zu erhöhen und ihre Wirkung zusätzlich aufzuwerten, indem man ihnen elegante melonenförmige und längs gerippte Außenkuppeln aufsetzte.

Bei der meisterlichen Dekoration der Moschee kamen alle Traditionen Mittelasiens und Persiens und sogar Anregungen aus Indien zum Einsatz: Steininkrustationen, dekorativ reliefierte Marmorpaneele, Stuckverzierungen, Wandmalerei. Vor allem glasierte Keramik findet sich hier in allen Spielarten: von der einfarbig-türkisblauen großen Hauptkuppel über das geometrische Monumentalmosaik der großen Wandflächen, die mehrfarbige Keramik an den Umrahmungen der Bögen und den Rippen der Nebenkuppeln, das feine Mosaik der unzähligen, von Arabesken durchwirkten, eleganten Thuluth-Schriftfriese bis hin zu den kobaltblauen, aufwändig goldverzierten Fayencen an der Trommel unter der großen Kuppel.

Das Innere der Kuppelräume zeigt noch Spuren von farbiger Al-Secco-Bemalung und von Reliefs aus Pappmaché, die mit Blattgold und Blau verziert waren – letzteres eine Erfindung jener Zeit. Auch von den inkrustierten Marmorplatten der Sockelzone sind Originalstücke erhalten.

Die Größe der Anlage wurde schon zur Entstehungszeit als unerhört und beispiellos empfunden.Timur standen für seine Moschee die besten Baumeister, Steinmetze und Fayencekünstler seiner Zeit zur Verfügung: Neben einheimischen Meistern waren an dem Bau und der Ausschmückung viele Künstler beteiligt, die Timur während seiner Kriegszüge aus Aserbaidschan, Persien, Mittelasien und Indien hatte nach Samarkand verschleppen lassen. Bewundernswert erscheint heute, dass den Baumeistern und Künstlern aus unterschiedlichsten Ländern unter Zwang und Lebensgefahr in so kurzer Zeit ein Kunstwerk gelingen konnte, das heute als „eine Synthese der Höchstleistungen der damaligen orientalischen Baukunst“gilt.
Als Timur die Moschee Bibi Chanum nach einem jahrelangen Feldzug 1404 zu sehen bekam, war sie fast fertiggestellt. Er war nicht zufrieden und ließ unverzüglich verschiedene Veränderungen vornehmen, vor allem am großen Kuppelbau.
Von Anfang an offenbarten sich statische Probleme. Umbauten und Verstärkungen sollten die Moschee retten. Jedoch schon nach wenigen Jahren fielen erste Ziegel aus der gewaltigen Kuppel über dem Mihrab auf die Gläubigen herab. Es rächte sich also, dass Timur die bautechnischen Grenzen, die seinen Baumeistern sicherlich bewusst waren, für sein anspruchsvolles Bauwerk nicht gelten lassen wollte.

Ende des 16. Jahrhunderts ließ der Usbekenherrscher Abdullah Chan II. Restaurierungsarbeiten vornehmen.Danach verfiel die Moschee wieder und wurde zur Ruine, an der Wind, Wetter und Erdbeben weiter nagten. Der innere Bogen des Portalbaus brach erst 1897 in sich zusammen.Jahrhundertelang plünderten die Bewohner Samarkands die Ruine auf der Suche nach Baumaterial. So verschwanden vor allem die ziegelgemauerten Galerien samt den Marmorsäulen.

Im 20. Jahrhundert beeindruckte die Ruine der Moschee Bibi Chanum immer noch die Besucher der Stadt mit ihren gewaltigen Dimensionen und der noch erkennbaren kostbaren Ausstattung. Eine erste grundlegende Untersuchung und Sicherung der Ruine wurde in sowjetischer Zeit vorgenommen. Ende des 20. Jahrhunderts begann die usbekische Regierung mit der Wiederherstellung der drei Kuppelbauwerke und des Paradeportals. Auch der Schmuck der Kuppeln und Fassaden wird aufwendig restauriert und ergänzt. Die Arbeiten an der Moschee dauern auch heute noch an.

Im Bild zu sehen ist eine der seitlichen Kuppeln mit dem Pischtak im Hintergrund.

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