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So nicht ! - Das Nikolausmanifest

So nicht ! - Das Nikolausmanifest

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Klacky Freiherr v. Dapfen u. Hohenbichishausen


Premium (World), aus dem sonnigen WestWing

So nicht ! - Das Nikolausmanifest

Aus meiner in Funk und Fernsehen so gelobten Reihe
REPORTER OHNE KRÄNZE
hier das erste Bild:





"So nicht !"
rief er mir zu, als ich ihn durch das Fenster eines Schuppens fotografierte.
"So nicht!" wiederholte er, reckte den rechten Arm hoch und wedelte mit dem Stumpf.

Ich zuckte zurück. Als er das sah, ließ er den Arm sinken und meinte "Nein, Dich meine ich nicht. Komm rein, ich erkläre Dir alles."

Ich schoß schnell noch ein Bild, ging um den Schuppen herum und trat ein. Er bleib am Fenster stehen, drehte sich aber zu mir um und begrüßte mich. "Ho, ho, ho!"
"Ho, ho, ho!" entgegnete ich mangels eines besseren Grußes für einen Weihnachtsmann. Es schien ihm zu taugen, denn er entspannte sich. Ein müdes Lächeln ging über sein Gesicht. "Leiste mir ein wenig Gesellschaft, ich bin so allein, außerdem muß ich Dir was erklären. Aber erst mach mal Feuer da hinten in dem alten Herd, setz einen Glühwein oder noch besser einen steifen Grog auf, und dann geben wir uns gemeinsam die Kante." Ich war etwas verwundert, widersprach aber nicht, denn ich wollte seine Geschichte hören und mußte daher nach seinen Regeln spielen und einfach mitmachen. Ich legte Holz in den Ofen, zündete es an, und bald wurde es etwas warm in der Bude. Derweil suchte und fand ich im Regal eine alte Flasche Rum, goß davon in zwei Becher und gab Zucker und Wasser hinzu. "Halt! Spinnst Du", rief er, "nicht so viel Wasser!". Ich fügte mich und paßte auf, daß das Gebräu nicht anfing zu kochen. Einen Becher reichte ich ihm, einen nahm ich selbst und wärmte mir daran die Hände.

"Setz Dich her zu mir." bat er mich. Im Raum fand ich zwar keinen Stuhl aber einen großen Holzklotz, den schleppte ich zum Fenster und setze mich mit der Tasse zu ihm.

Wir beide schwiegen eine Weile. Er seufzte, also seufzte auch ich. Er zuckte mit den Schultern, ich tat es ihm nach, wollte ja Empathie zeigen. "Diese Scheißkerle!" stieß er plötzlich hervor. "Recht haste!" bestätigte ich ihm, auch wenn ich nicht wußte, worum es ging, aber ich wußte, daß man es in diesem Fall groß schreibt. "Man soll sich nicht alles gefallen lassen!" sagte ich, denn ich wollte auch mal was zum Gespräch beitragen. Damit schien ich den richtigen Ton getroffen zu haben. Er nahm einen großen Schluck aus der Tasse, ich auch, und er fing an zu erzählen.

"Diese Drecksäcke!" fing er an, "Diese verdammten Schweine! Da macht man die ganze Arbeit und wird dann abserviert". Das kam echt zornig aus ihm raus. Ich nickte mit dem Kopf. Wir beide nahmen einen großen Schluck.

"Jedes Jahr das gleiche - same procedure as every year. Da legste Dich krumm, schaffst Dich ab, dann wirste abgeschafft. Die Plagen schreiben allen Scheiß auf ihren Geschenkzettel, wir müssen das Zoix besorgen, einpacken und auf dem Schlitten verstauen, dann durch die kalten Lüfte über den Kontinent, in dem albernen Aufzug ohne Aufzug durch den rußigen Schornstein nach unten, da darfste kein Gramm zunehmen, sonst bleibste stecken, das Zeugs schön unterm Baum drapieren und dann wieder hoch durch den ollen Schornstein, rauf auf den Schlitten und ab die nächste Fuhre. Tagaus, tagein. Tage- und nächtelang, wochenlang, von Nikolaus bis Weihnachten. Und an Nikolaus, dürfen wir nicht mal zuschlagen. Also je nach Land. In einigen Ländern dürfen wir höchstens mit der Rute wedeln, in andern wird uns ein Schläger zugeteilt, son Krampus oder Knecht Ruprecht, dabei hätte ich selbst Mal anständig Lust, die verwöhnten Plagen zu vermöbeln, so anständig nach Strich und Faden, immer auf den nackten Hintern, also nicht immer - aber immer öfter. Doch das dürfen wir nicht. Mist!"

Wir nahmen beide einen Schluck. Das tat gut.

"Und dann kommt dieses olle Krischperl im Nachthemd, das sich Christkind nennt, und behauptet, es bringe die Geschenke. Von mir und uns ist dann keine Rede mehr. Zumindest in Deutschland ist das so. Eine Sauerei ist das! Und nach Weihnachten, zack, bumm, ist es aus. Da werden wir ausrangiert, ohne Bezahlung, sollen aber nach einem Jahr wieder frisch und munter und unverzagt unseren Dienst aufnehmen.
DAMIT IST JETZT SCHLUSS!"

Er redete sich in Rage, nahm einen großen Schluck, reichte mit den leeren Becher rüber und bat mich um mehr. Also setzte ich zwei neue Becher Grog auf. "Weniger Wasser!" rief er mir nach. Ich gehorchte.


Ich gab ihm den frisch aufgefüllten Becher und setzte mich wieder zu ihm. Wir nahmen beide einen anständigen Schluck, schwiegen eine Weile und tranken nochmal. Etwas schien ihn ihm zu arbeiten, denn er wurde nervös. Er ballte die Fäuste, bzw. er wollte sie ballen, aber es zuckten nur seine Armstümpfe. Er nahm mehrere kleine Schlucke schnell nacheinander und rief dann unvermittelt aus:
"Das Manifest!"
Ich schreckte hoch. Oha, jetzt wurde es interessant. Ich hütete mich, ihn zu unterbrechen. Ein Manifest? Ha, das konnte etwas historisch Bedeutendes sein, und ich mittenmang dabei, wo Geschichte geschrieben wird. Es wurde spannend.

"Haste was zu schreiben dabei?" fragte er mich. Ich nickte, denn Block und Zettel ist immer am Mann, man weiß ja nie. "Schreib auf!" blaffte er im Befehlston. Ich nickte folgsam. Er diktierte.

„Nordpol, den achten Jänner anno 2016!
„Nordpol?“ fragte ich ihn, „Wir sind doch nicht am Nordpol.“
„Das ist richtig.“ meinte er, aber wir können doch nicht Hinterdupfingen schreiben, erstens weiß kein Schwein, wo das wirklich liegt, und zweitens nimmt das niemand ernst. Beim Nordpol weiß jeder, wo das ist, und der thront über allem auf der Erde, ist also wichtig, und drittens glauben die Kinder in Amerika echt, daß der Nikolaus dort wohnt, denen kann man jeden Bären aufbinden. Dem Rest der Welt dann auch. Ich nickte. „Schreib schon!“, drängelte der Nikolaus.







„Nordpol, den achten Jänner anno 2016-01-08

DAS NIKOLAUSMANIFEST

Im Namen aller Nikoläuse und –sinnen verfasse und erlasse ich, Nikolaus der Große, hier und heute folgendes NIKOLAUSMANIFEST mit folgenden Empfehlungen, Forderungen und Ratschlägen. Diese sind nicht verhandelbar.

SONST IST SCHLUSS
MIT LUS
TIG,
SONST IST AUS
MIT NIKOLAUS !!!

Die Nikoläuse und –sinnen der Welt, nachfolgend schlicht Nikoläuse genannt, werden im WELTBUND DER NIKOLÄUSE zusammengefaßt und organisiert. Der Bund vertritt die Nikoläuse ab sofort nach außen und innen und garantiert ihre Rechte. Der Präsident bin ich.

Folgende Forderungen, Empfehlungen und Ratschläge sind ab sofort zu erfüllen:

13 Monatsgehälter
Einführung des Nikolausmeisters
Weiterbezahlung im Krankheitsfall
Verbot des Einsatzes von Ersatznikoläusen
Dienstverpflegung mit Schokozulage bei Kälte
38,5-Stunden-Woche und Überstundenzuschlag
Stundenlohn in Höhe des doppelten Mindestlohnes
Kältezuschlag in Höhe des Stundenlohnes ab – 10°C
9 Monate Urlaub mit voller Bezahlung plus Urlaubsgeld
Einführung des Studienganges >Nikolaus< mit Bachelor und Master
Abnahme der Verwaltungsarbeit durch elektronische Einsatzerfassung
Je Nikolaus einen Stallburschen, der sich um die ollen Rentiere kümmert
Ausstattung mit drei Sätzen Dienstkleidung incl. Thermobüx und kostenlose Reinigung
Weitere Forderungen und Empfehlungen können jederzeit ausgesprochen werden und sind sofort zu erfüllen.

Gez. Nikolaus, der Große









Er machte eine Pause, las sich alles durch, schien zufrieden, nahm einen Schluck Grog und meinte dann: „Nun schick Dich und bring das Manifest unter die Leute, schalte Presse, Funk und Fernsehen ein und vor allem die FC.“

Ich trank aus, umarmte ihn, denn die Hand konnte ich ihm nicht schütteln, spülte meinen Becher aus und ging, um das NIKOLAUSMANIFEST unter die Leute zu bringen. Als ich draußen vor dem Fenster vorbeiging, winkte ich nochmal rein, er winkte raus und sah vergnügter aus als am Anfang.


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