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Hella H.


Free Account, Eschershausen

Brenntag

Man darf ja nicht mehr wie man möchte. Ungeachtet der Tatsache, daß Industriebetriebe weltweit immer noch Böden, Gewässer und Luft hemmungslos verseuchen dürfen – wir in Deutschland sind mal wieder päpstlicher als der Papst. Wer ein Lagerfeuer anzündet, ohne sich vorher die amtliche Genehmigung einzuholen, wird bestraft. Gezündelt werden darf nur noch an den offiziellen Brenntagen, und die liegen im Frühjahr und im Herbst. Meistens regnet es und ganze Landstriche werden von erstickenden Qualmwolken überzogen. Hunderte von Feuern brennen gleichzeitig, da können die Umweltbanausen ungestraft alte Autoreifen und Teppiche auf ihre Feuer schmeißen. Keiner kann orten, wo der Gestank herkommt. Und die Sheriffs kommen mit dem Kontrollieren sowieso nicht nach.
Aber man kann außer der Reihe ein Kartoffelbratfeuer anmelden.
Ein Riesenberg furztrockener Äste und Baumstuken lag schon seit Jahren herum und wollte nicht von selbst verrotten. Bei 30 Grad im Schatten zündeten wir am frühen Nachmittag das – ordnungsgemäß im Rathaus angemeldete - Feuer an und schleppten bis zum frühen Abend ungestört Apfelbaumäste zum Feuer. Nicht zu viele auf einmal, damit die Flammen nicht zu hoch schlagen. Viel Hitze, kaum Rauch. Dann versenkten wir erstmal unsere Jägerrouladen in der Glut. Keiner wollte Kartoffeln.
Dunkle Wolken zogen auf. Gewittergrummeln. Ein paar Regentropfen. Die Gäste verzogen sich. Es dämmerte allmählich.
Unser Holzstapel war verbrannt. Ein Ast mit trockenen Blättern und zusammengeharkter Kleinkram landete auf dem Feuer. Upps! Es qualmte ein paar Minuten lang. Und – haste nich gesehn – parkte ein Polizeiauto vor unserem Haus. Zwei freundliche Uniformierte kamen her und walteten ihres Amtes, nahmen meine Personalien auf und fragten tatsächlich, wo denn die Kartoffeln seien.
Kaum waren die Sheriffs weg, stand ein älterer Graukopf mit Fahrrad minutenlang vor unserer Einfahrt und machte einen langen Hals. „Kann ich Ihnen helfen?“ fragte ich schließlich. Er legte los: Was wir denn da verbrennen? Es stinke ganz erbärmlich. Und das, obwohl ich doch immer so umweltfreundlich tue. – Ich gab ihm – immer noch freundlich – die Auskunft, daß wir nichts als trockenes Holz verbrennen und fragte ihn: „Wer sind Sie denn überhaupt?“ In der Dunkelheit konnte ich ihn nicht erkennen. Schade. Ich hätte mich gerne vernünftig mit ihm unterhalten. Aber als mein Sohn auf ihn zuging, verpißte er sich eilig.
Jetzt frage ich mich nur, warum diese aufmerksamen Blockwarte nicht endlich mal auf die Barrikaden gehen, wenn die ganze Gegend kilometerweit und stundenlang von würgendem Güllegestank verpestet wird? Oder riecht das wie bei denen zu Hause?

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