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Die Dunkelheit ist das Reich des Irrtums…

Die Dunkelheit ist das Reich des Irrtums…

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Die Dunkelheit ist das Reich des Irrtums…

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… an die Worte meines Großvaters dachte ich in Anbetracht der nahenden Abenddämmerung,
als ich mit meiner Hündin Akelá über den Geavinnisjaure - den See der großen Stromschnellen - schaute ( Foto ).
Sich lichtlos durch menschenleeres Gebirge, Birken- und Nadelwälder zu wagen, wenn die Luft nur mit
feinen Eiskristallen gesättigt ist und der Schnee und die Sichel des neu geborenen Mondes noch auf sich
warten lassen, kann wie der Tritt in die eigene Bärenfalle ziemlich kläglich enden.

Eisplatten begannen den großen Geavinnisjaure zu überziehen und obwohl der Monat schon weit fortgeschritten war,
der Herbst die Farben aus den Bäumen und Moosen gestürmt hatte und seine Schaffenszeit schon seit einem Mond
an den Winter übergeben hatte, gab es noch keine Möglichkeit ihn gefahrlos zu überqueren. Auch wenn man sich
seines Besuches sicher sein kann so bleibt der Winter ein Überraschungsgast. Man weiß er kommt aber erst in
dem Augenblick in dem man nicht an ihn denkt steht er plötzlich wie ein gewaltiger Berg, sich seiner ganzen
Kraft bewusst, vor der Tür und drückt einen zurück in das Haus, in den mit Fellen ausgelegten Wintersessel
der vor dem knisternden Kamin steht und sagt knirschend : "Hallo mein Freund, hier bin ich."
Dieses Jahr kam er später zur Arbeit, aber ich merkte an dem warmen Atem der mir zähflüssig wie ein
verkaterter Flaschengeist aus meinem Mund kroch, dass er angefangen hatte seine Pflichten zu erfüllen.

Wir kamen von Südwesten aus dem Kahlgebirge der Jáhkágasska und waren unterwegs zu den
wasserreichen Weideflächen der Unna Cearuš, einer nördlich liegenden Provinz von Rentierzüchtern.
Wir freuten uns schon auf den Besuch. Ich auf die spannenden und lehrreichen aber nicht weniger
amüsanten Erzählungen der Alten am wärmenden Feuer in der Káta und Akelá auf den heißen
dampfenden Suppenknochen eines Ren, den sie immer von den Frauen aus dem Küchenzelt
am Rande des Dorfes bekam. Es sollte ein besondere Besuch werden, denn der alte Ahcci hatte
vor mir ein besonderes Geschenk zu machen. Ein junges Rentier und seine Freundschaft sollten
sein Dank sein für den Tag im Februar dieses Jahres an dem ich ihn zufällig 30 km vom Dorf
entfernt in einer ausweglosen Situation antraf, an dem Tag an dem das Thermometer - 34 Grad
anzeigte und sein zweites Leben begann.

So wie es aussah hatten Akelá und ich noch 3 Tage vor uns. Es wurde schon dunkel und die Kälte
legte sich wie ein klammes Leichentuch über das Land. Lang ist er der Winter, sehr lang, viele Feuer
und hunderte von Geschichten ist seine fordernde Mitgift bevor er geht und sein Weiß dem
goldfarbenen Licht der wärmenden Frühlingssonne überlässt. Ich pfiff leise und geschmeidig
verließ mein treuer Schatten Akelá die Stelle, von der man das Land wie eine Königin überblicken
konnte. Ich folgte ihr am Südufer des Geavinnisjaure noch Osten in das Gebiet Unna Cearuš.
Die feingliedrig wachsenden Eiskristalle an meinen Haaren und Wimpern sagten mir das es an der Zeit
war einen schützenden Lagerplatz zu finden und ein wärmendes Feuer zu machen bevor
die Dunkelheit uns auffrisst und uns die Kälte wie ein Schraubstock im Genick packt,
wohl wissend, dass sie einen nicht mehr loslässt.

( Fortsetzung folgt für Interessierte )



Nordschweden, Provinz der Unna Cearuš Rentierzüchter, Anfang November, - 4 Grad

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