Sabine Streckies 01


Premium (World), Offenbach am Main und Weilrod im Weiltal

Die Hirschkäfer sind los 01

Am frühen Morgen dachte ich noch, dass nun Hirschkäfer – Zeit ist und es schön wäre, mal wieder einen zu sehen und vielleicht sogar zu fotografieren. Da die Geweihträger aber gewöhnlich erst nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs sind, waren die Fotoaussichten ohnehin fast Null.

So verging ein Tag in der Natur mit vielen Blumen, (erneut) erschreckend wenig Insekten und Donnergrollen in der Ferne.

Ein Stück Erdbeerkuchen im Juni kann nie schaden und so setzte ich mich mit diesem am frühen Nachmittag auf eine Bank am Waldrand.
Als ich fertig war guckte ich mich noch ein wenig um und sah in dem ohnehin schon sehr dunklen Waldstück etwas noch dunkleres Großes langsam herumfliegen: Ein männlicher Hirschkäfer am Tag!

Der Dicke flog mal hier, mal dort hin, er blieb aber dennoch immer in relativer Nähe. Schnell war mir klar, dass sein gedachter Mittelpunkt eine vielleicht gerade mal 100 Jahre alte Eiche sein musste.

Soweit so ungut, aber im Bereich der Eiche war alles voller ziemlich undurchdringlicher Sträucher. Darunter auch von Gespinstmotten eingesponnenen Pfaffenhütchen, eine höchst klebrige Angelegenheit.
Egal wie – da musste ich durch, Wunden und Stiche können immer noch später versorgt werden ….

Ich habe es also geschafft, zwar nicht ganz dran, aber etwas näher an die Eiche zu kommen und musste feststellen, dass sich das weitere Geschehen nicht nur in Dunklen, sondern auch noch in etwa acht Meter Höhe abspielte.
Ich holte also erst einmal mein Fernglas, um mir in der Entfernung und den düsteren Sichtverhältnissen überhaupt einen Eindruck zu verschaffen: Da waren tatsächlich noch ein anderer Hirschkäfer und ein Weibchen.
Zusätzlich gab es an einer Stelle des Stamms, die ich nicht einsehen konnte, noch Hornissen und zahlreiche Fliegen. Wahrscheinlich also eine Baumsaft – Tankstelle, zu der alle hinstrebten.

Plötzlich flogen die beiden Hirschkäfer aufeinander los und kämpften miteinander.
Ich kannte das bislang nur aus Filmen – in echt war es noch viel besser. Da wurde geschubst und gedrückt und geklammert. Mehrere Male hing der Schwächere nur noch durch das Geweih des Stärkeren gehalten freischwebend in der Luft, stürzte einige Male ab und kam nach einiger Zeit wieder zurück. So ging das immer hin und her – eine kraftraubende Sache für alle Anwesenden.

Dann erneuter Szenenwechsel und ein Hirschkäfer war plötzlich hinter dem Weibchen her. Als er endlich ihren Standort „erschnüffelt“ hatte, war auch gleich der Konkurrent zur Stelle und es wurde wieder gekämpft.

Nach dem der Rivale vertrieben war schnappte sich der Sieger das Weibchen und trieb es eingezwängt in sein „Geweih“ den Stamm herunter.
Ich dachte mir schon, dass das keine besonders gute Idee war.
Irgendwann machte es „Platsch“, das Weibchen fiel auf einen tieferen Ast und blieb an dieser Stelle lange sitzen.

Der Sieger ist dann erstaunlicherweise wieder den Stamm heraufgelaufen und war von meinem Standort aus nicht mehr zu sehen.
Der Rivale hingegen war zu etwa einem Drittel an der mutmaßlichen Baumsaft-Tankstelle zu erkennen, wo die Hornissen immer wieder erfolglos versuchten, ihn zu vertreiben.

Für das gefallene Weibchen schien sich in dem Moment keiner mehr zu interessieren.

Es fing an zu regnen, an Fotos war ohnehin nicht mehr zu denken und die vorangegangene Stunde war auch wirklich aufregend genug gewesen.

Weil es so ein schönes und für mich seltenes Erlebnis war, zeige ich die Fotos trotz miserabler Qualität. Bei einem 200er Makro sind bei bewegten Motiven im Dunklen keine Wunder zu erwarten und die Bilder musste ich stark aufhellen.

https://www.deutschlands-natur.de/tierarten/kaefer/hirschkaefer/

Wer Hirschkäfer findet, sollte diese beim Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie melden:

https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden/hirschkaefer

Die Hirschkäfer sind los 02
Die Hirschkäfer sind los 02
Sabine Streckies 01


Hessen, Südhessen, Landkreis Groß-Gerau, Walldorf, 05.06.21.
Nikon D300, Nikkor Micro AF 4/200, aus der Hand.

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