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Gleiche Bühne, gleiche Baureihe, aber eine andere Inszenierung:

Gleiche Bühne, gleiche Baureihe, aber eine andere Inszenierung:

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Gleiche Bühne, gleiche Baureihe, aber eine andere Inszenierung:

Der kleine Junge und die große Eisenbahn
Der kleine Junge und die große Eisenbahn
Ralf Göhl

An gleicher Stelle konnten wir letzten Freitag auf der Naturbühne im Saaletal das meisterliche Eisenbahnromantik-Bild von Hartmut Meyer bestaunen.
Der Zug mit seiner 44er stand da nicht direkt im Mittelpunkt, denn rechts am Rande betrachtete ein kleiner Junge das Geschehen, welches ihm mit seinen Fahrrad vor der Schranke zum stehen brachte.

Viel Wasser floß in den 5 Jahren, die zwischen dem Bild von letzter Woche und dem heutigen liegen, die Saale hinab.
Gemacht hat es mein englischer Freund Dick, ein absolut liebenswürdiger "Crazer"("Verrückter"), der es fertig brachte, mit seinen nur zwei Händen gleich zwei Fotoapparate und einen Recorder zu bedienen.
Genau, - will sagen, von dem ganzen Geschehen, das auf diesem Bild zu sehen ist, gibt es sogar noch eine Tonaufnahme, bei der selbst der Schrankenwärter laut applaudierte: "Klasse, klasse!"

Wie man erkennen kann, verlaufen im Gegensatz zum Bild von letzter Woche
über unsere heutige "Bühne" *zwei* Gleise, wie schon einmal vor dem Krieg; Damals war die Strecke sogar elektrifiziert!

In den 5 Jahren, die zwischen dem letzten Bild und diesem liegen, war die als Reparationszahlung an die Sowjetunion abgebaute zweite Strecke wieder auf dem noch vorhandenen Gleiskörper verlegt worden, so daß der zeitintensive Engpaß, der vorher gerade im Güterverkehr bestand und im
Extremfall zu Dienstzeiten bis zu 14 Stunden führte, beseitigt war.

Zum Bild muß ich nicht viel sagen, die Naturkulisse ist zu jeder Jahreszeit ideal und bildet für die Aufnahme einen zauberhaften,zugleich jedoch etwas unheimlichen Hintergrund an diesem Dezembertag.

Nebel, der mitunter nur schemenhaft Bäume erkennen läßt, liegt über dem Tal und eine zarte Schneedecke gibt immerhin noch ein wenig vom Grün der Felder frei.
Einige Minuten später öffnet sich in dieser Idylle
die Hölle und pechschwarzer Qualm schießt kerzengerade in den Himmel, nach oben hin breiter werdend und ins Grau des Himmels übergehend, wo er fast wieder zu einer flauschigen Wolke wird. Einen etwas liebenswürdigeren, sauberen Kontrast dazu bildet der weiße, watteähnliche Dampf, der sich seinen Weg durch die
engen Schieberentwässerungsrohre ins Freie bahnt, um den Zug elegant dem Auge des Betrachters zu entziehen.
- Kein Spezialist für Effekte beim Film könnte so etwas wohl besser machen!

Das Dreilicht-Spitzensignal in seinem zarten Gelb wirkt wie eine Festbeleuchtung, die dem Geschehen das I–Tüpfelchen aufsetzt.

Die Akteure dises Schauspieles sind die 44 0305-1, mein Heizer Micha am Ölschieber sowie meine Wenigkeit an der Steuerung und am Regler.
Was ich damals noch nicht wußte: Nur 9 Tage nach dieser Aufnahme, am 3.Januar 1982, bin ich mit der 44 0305-1, meine letzte planmäßige Leistung für die Reichsbahn gefahren.
Auch diese letzte Fahrt wurde zu einem Höhepunkt, der mit spektakulären Bildern für die Ewigkeit festgehalten wurde.
Einziger Nachteil: Ich kann sie nicht zeigen weil der Fotograf Reinhart Luft (vielleicht kennt ihn
hier jemand???) schon lange aus meinen Dunstkreis verschwunden ist.

Ralf

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