Annette He


Premium (Complete), Süddeutschland

Murmele

Ein schriller Pfiff, eigentlich ein Schrei, und schon bleibt der geneigte Bergwanderer stehen und scannt den Berghang nach den pelzigen flinken kleinen Freunden ab. Nur selten kommt er dabei in den Genuß, diese kleinen Gesellen aus der Nähe sehen zu können, denn der Pfiff bedeutet dem Rest der Familie: Gefahr in Verzug, weg mit Euch, aber hurtig. Meist sieht man dann irgendwelche flitzenden Fellblitze verschwinden und das war´s dann. Aber manchmal, wenn man Glück hat, sieht man sie dann da stehen, hoch aufgerichtet, die Ärmchen vor dem Bauch und sie inspizieren die Umgebung aufs genaueste. Herzig sind sie, einfach herzig ....

An einem Spätherbsttag schneite es bereits in den Bergen, aber es ist ja bekannt, daß ich Schnee so sehr liebe. Also habe ich mich mit Pauls Vorgänger auf den Weg zur Kaisers Alpe im Lechtal gemacht. Es schneite, die Sicht war eingeschränkt, um nicht zu sagen gleich null, und wir marschierten so dahin. Dann hörten wir die bekannten Pfiffe und ich fing an, in weiter Ferne die Murmeles zu suchen. Aber siehe da, sie standen fast direkt am Weg, immer in kleinen Gruppen zusammen, ließen sich weder vom Hund noch von mir schrecken und schauten uns beide ganz seltsam an. Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß sie so aufgerichtet mit den Ärmchen vor dem dicken Winterspeckbauch da standen und den Jungtieren sagen wollten: so, schaut mal genau hin, das ist ein Mensch. Es war irgendwie eine skurile Situation, wie wir uns da so gegenseitig angestarrt haben.

Die hier abgebildeten Murmeltiere habe ich im Lechtal und in den Schlierseer Bergen beobachtet und jedesmal waren Jungtiere mit dabei, was mich ganz besonders fasziniert hat.

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