Twin O Caulin


Premium (Pro), Köln

New driver in the 'hood

https://www.youtube.com/watch?v=LAGSoti_ejA

Das Yellow Cab mit Tageskennzeichen tauchte plötzlich vor mir auf. Der Fahrer hatte es, von einer Seitenstraße zügig einbiegend, auf die Spur gesteuert, auf der ich meinen Wagen durch den noch nicht wirklich zähen Kölner Berufsverkehr bewegte.

Es war noch relativ früh am Morgen. Was mir sofort auffiel, war nicht nur der überaus erratische Fahrstil des Fahrers, denn er wechselte sofort die Spur, beschleunigte und bremste immer wieder, statt dem behäbigen Rhythmus der auseinandergezogenen Autokolonne auf einer der Fahrspuren zu folgen. Nein, viel auffälliger war seine Kleidung. Damit meine ich natürlich nur das, was ich durch die Scheiben seines Wagens erkennen konnte, einen Hoodie, den er sich so übergeworfen hatte, dass ich wohl sein Gesicht auch dann nicht hätte erkennen können, wenn ich vor ihm gefahren wäre. Dazu saß er über das Lenkrad gebeugt wie der Glöckner von Notre Dame. Es war ein seltsames Bild. In New York hätte ich ihn glatt für einen Taxidieb auf der Flucht gehalten, hier in Köln wirkte er fast wie ein Außerirdischer, fehl am Platz und fehl in der Zeit, wenn man das so sagen kann.

Zeitweise fuhr er mehrere hundert Meter von mir, das fast leuchtende Gelb der Karosserie auch in der Entfernung unübersehbar, doch irgendwann, an einer der zahlreichen roten Ampeln, war ich wieder hinter ihm gelandet. Ampeln machen jeden auch noch so großen Raumgewinn zwischen Autos schnell wieder zunichte, sämtliche gewagten Überholmanöver sind umsonst. Mein Glück. Und die Kamera, die liegt ja immer irgendwo griffbereit auf der Rückbank, ready for action. Schnell die Kameraeinstellungen vornehmen, drei, vier, fünf Bilder, eines zu hell, außerdem verwackelt, das nächste schief, in einem weiteren ist der falsche Bildausschnitt zu sehen... ruhig atmen! Ein paar Sekunden sind noch drin, bevor die Ampel umspringt. Noch ein Bild. Und dann habe ich den fremden Kapuzenmann, der einer ziemlich düsteren Romanvorlage entsprungen sein könnte, im Kasten. Kurz glaube ich sein Auge im Rückspiegel aufblitzen zu sehen, aber vielleicht irre ich mich. Oder doch nicht? Der vordere Rand seiner Kapuze reicht tief in sein Gesicht hinunter.

Die Ampel springt auf Gelb, dann sehr rasch auf Grün, und das Yellow Cab auf der Pole Position vollführt - unter der Regie von Scorsese, wie sollte es anders sein? - einen klassischen, filmreifen U-Turn, als wäre der Fahrer auf der Flucht vor dem Wagen hinter ihm. Ist nicht wirklich verwunderlich, denn dort sitzt ja auch ein Typ am Steuer, der wie ein Verrückter mit seiner Kamera Fotos schießt.

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