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Thomas Reitzel


Premium (World), Fountain, RP

Über den Gotthard

12.Oktober 2021. Unser Abreisetag von Lugano hat begonnen.
Nach dem Auschecken nehmen wir den Stadtbus und lassen uns mit unserem Gepäck zum oberhalb des Stadtzentrums gelegenen Bahnhof fahren. Kurz nach Neun. Also noch reichlich Zeit bis zur Abfahrt unseres RE nach Basel SBB, der am Bahnsteig 4 abfahren soll.
Gemächlich und gegen eilige Pendlerströme, die uns entgegenkommen, gehen wir durch den breiten Tunnel und eine lange Rampe hinauf auf den Bahnsteig.
Dort herrscht bereits ein reges Treiben; mit uns warten viele andere Fahrgäste samt ihrem Gepäck auf den Zug.
Zehn nach Neun. Gegenüber fährt die S 9 von Mendrisio nach Giubiasco ein.

TiLo
TiLo
Thomas Reitzel

Interessant, denn diese Linie nutzt über den Monte Ceneri die alte Route in Richtung Bellinzona, während unser RE durch den kürzlich fertiggestellten neuen, über 15 km langen Ceneri-Basistunnel fahren soll. -

Wir erinnern uns - der alte Gotthardtunnel mißt knapp unter 15 km. Damals der längste Tunnel der Welt, heute beeindruckt es kaum jemanden mehr, daß soeben ein ganz neuer Tunnel in ebensolcher Länge fertiggestellt wurde und im Betrieb ist. -

Viertel nach Neun. Ein Zug nähert sich dem Bahnsteig 4, aber es ist nicht unser RE, der ein achtteiliger neuer Triebzug der Schweizerischen Südostbahn(SOB) ist, wie wir wissen. Wir freuen uns schon auf den beachtlichen Fahrkomfort in diesen neuen Triebwagen von Stadler:
SOB Traverso RABe FLIRT 3, Baujahr: 2019-2021, Achsfolge Bo'2'2'2'Bo' + Bo'2'2'2'Bo'.
Doch hier kommt zunächst eine höchst interessante Zugkomposition vor uns zum Halten: Es ist der Gotthard-Panorama-Express nach Arth-Goldau. Die vierachsige Re 4/4 II Nr. 11181 hat zwei Erstklass-Panoramawagen, einen Wagen 2. Klasse, zwei weitere Panoramawagen und einen Erstklass-Großraumwagen normaler Bauart am Haken.

Direkt vor uns ist einer der Panoramawagen zum Halten gekommen
Apm 61 85 1990 107-7
Apm 61 85 1990 107-7
Thomas Reitzel

und eine reges Treiben entwickelt sich.
Mehrere Zugbegleiter steigen aus und nehmen die gebuchten Fahrgäste in Empfang.
Man hilft ihnen mit ihrem Gepäck und weist ihnen ihre Plätze im Wagen zu.
Längst ist der Wagen nicht voll besetzt, wie man von außen erkennt.

Da kommt mir eine Idee.

Der Zug nimmt ja wie unser nachfolgender RE die gleiche Fahrtroute. Also wende ich mich an einen der Zugbegleiter und frage ihn, ob denn für zwei weitere Reisende noch Platz wäre. Wir können Fahrkarten nach Basel SBB vorweisen. Der Mann zögert etwas und sagt, daß er das nicht entscheiden könne, aber würde die Zugchefin fragen, die gerade vorbeigeeilt war. Sie kommt zurück und ich kann sie selbst fragen. Auch sie zögert etwas, aber dann sagt sie, sichtlich kurz entschlossen, ja, gegen die Zahlung des Zuschlages dürften wir mitfahren.
Da kommt richtig Freude auf!
Also eile ich zu meiner wartenden Frau und sage ihr, daß wir einsteigen dürfen. Noch etwas zögerlich, sichtlich verunsichert und einen Einwand auf den Lippen(«und...wie kommen wir dann .. nach Basel?»), folgt sie mir zum Einstieg, wo auch wir freundlich vom Zugbegleiter in Empfang genommen werden und gleich unsere Plätze in Wagenmitte zugewiesen bekommen.

Ein herrlich weites, lichtes Inneres nimmt uns in diesem Panoramawagen in Empfang. Wir nehmen in den breiten und sehr komfortablen Sitzen Platz und schauen uns erstmal um. Am Platz liegen einige Broschüren mit Informationen über den Zug und die Strecke, die wir nun befahren werden,
ebenso ein Angebot an Getränken und Snacks, die am Platz gereicht werden. Die weit nach oben gezogenen Panoramascheiben geben einen ungewohnt weiten Blick nach draußen frei; die Bewegungsfreiheit ist durch die weit auseinanderstehenden Sitze enorm,
Teppichboden dämpft den Schritt, dezente Beleuchtung, kurz -
die gesamte Atmosphäre im Wagen ist äußerst angenehm.

Unmerklich setzt sich der Zug um 9.20 h in Bewegung. Adieu, sonniges, mondänes Lugano, wir werden gerne wiederkommen! Zügig geht es aus dem Bahnhof bergauf in die erste Steigung und durch einen ersten Tunnel nahe bei der Stadt. Einige Kilometer weiter erreichen wir die Verzweigung, die den neuen Ceneri-Basistunnel an die alte Ceneri-Bergstrecke anbindet. Und man erkennt, wir werden nicht durch den Tunnel fahren, sondern auch hier die alte Ceneri-Bergstrecke befahren, die vor der Fertigstellung des Basistunnels noch ein großes Verkehrshindernis war, weil die von Bellinzona ausgehende Nordrampe zunächst nach Nebenbahnmaßstäben erbaut wurde und dadurch engere Kurvenradien und eine starke Steigung aufweist. Nun, die Schweiz hat ihrerseits mit der Fertigstellung des Basistunnels nun ihren Teil der neuen Alpentransversale erfüllt und mit dem Gotthard- und Ceneri-Basistunnel eine - quasi - Flachlandstrecke durch den Alpenraum erstellt.

Weiter geht die Fahrt auf der alten Strecke durch einige kleinere Unterwegsbahnhöfe und einige Tunnels über den Monte Ceneri(früher gab es dort eine bekannte Radiostation) hinüber zu den Abhängen entlang der weiten Magadino-Ebene, die nun von weit oben auftaucht. Weit vor uns ist bereits das Weichbild von Bellinzona mit seinen Burgen zu erkennen, dem nächsten Halt. Zuerst überqueren wir noch die von oberhalb gut erkennbaren neuen Bauwerke der nördlichen Zufahrt zum Ceneri-Basistunnel, die mit ihrem hellen Beton und noch kaum zugewachsen markant in der Ebene stehen. Auch eine neue Verbindungskurve zur Strecke nach Luino bzw. Locarno ist entstanden, die von der S-Bahn befahren wird. Sie verbindet das Tessin mit der Lombardei, heißt folgerichtig TiLo - TicinoLombardia -, wird von SBB und FS gemeinsam mit neuen Triebzügen betrieben und ist auf eine sehr rege Nachfrage gestoßen. -
In Giubiasco erreichen wir die neue Strecke und kurz darauf halten wir in Bellinzona, der Tessiner Bezirkshauptstadt. Davon dieses Bild.

Dann beginnt unsere Fahrt entlang des Flüsschens, das dem Kanton und der Landschaft den Namen gegeben hat in Richtung Gotthard. Vorbei an der SBB-Hauptwerkstätte Bellinzona gewinnen wir bereits unmerklich etwas an Höhe auf den ersten Kilometern der Gotthardstrecke bis Biasca, wo es neben dem Bahnhof einen schönen Wasserfall gibt.
Über den Gotthard
Über den Gotthard
Thomas Reitzel

Hier endet die TiLo-S-Bahn und unsere Fahrt geht nun entlang des Ticino-Tals weiter bergauf.
Aussichtsreich
Aussichtsreich
Thomas Reitzel

Daneben wird unspektakulär die NEAT-NeueAlpentransversale vom neuen Gotthard-Basistunnel verschluckt, der die Strecke über 57 km lang und tief unten durch den Berg führt und sie erst nördlich von Erstfeld wieder ans Tageslicht entläßt.

Wie die Fahrt nun weitergeht, davon erzählen die folgenden Bilder.
Ich hoffe, Ihr seid dabei!


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Exif

APN NIKON Z 6
Objectif NIKKOR Z 24-70mm f/4 S
Ouverture 4
Temps de pose 1/125
Focale 24.0 mm
ISO 560

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