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Thomas Reitzel


Premium (World), Fountain, RP

110+140

Was so profan klingt, kam im Betriebsgeschehen der DB nicht oft vor!
Wenn es sich dazu noch um einen Durchgangsgüterzug handelt, den beide
Maschinen mit vereinter Kraft befördern, so konnte man von einer Seltenheit sprechen.
Da die Aufgabenbereiche der beiden Baureihen sich doch stark unterscheiden -
Schnellzüge hier, Güterzüge dort,
und damit auch ihre Aufteilung auf Bahnbetriebswerke mit den entsprechenden Aufgabenbereichen fest verwurzelt war,
traf man diese Zusammenstellung nicht oder eben sehr selten an.
Erst in den achtziger Jahren fingen die beiden Aufgabenbereiche an, sich zu überschneiden, wobei die Baureihe 140 mehr und mehr im Nahverkehrsbereich mitmischte und dann auch entprechenden Bw zugeteilt wurde.
Das hing damit zusammen, daß die Höchstgeschwindigkeit der 140 auf 110 km/h heraufgesetzt wurde, die zuvor nur 100 km/h betragen hatte. Durch diese simple Maßnahme, die technisch wohl vertretbar war, gab man dem Betriebsmaschinendienst ein wirksames Mittel in die Hand, Triebfahrzeuge effektiver einzusetzen.

In meinem Foto vom 27.Juni 1976 ist man davon noch etwas entfernt.
Was dann die 110 110 vor diesen Güterzug gebracht hatte, läßt sich heute nicht mehr ergründen,
mehr als ein Leervorspann wird es nicht gewesen sein, um die Lok einem neuen Einsatz zuzuführen.
Auf stark belasteten Strecken ist so etwas schon immer gängige Praxis gewesen,
um eine Streckenbelegung durch leer laufende Loks zu vermeiden.

Übrigens auch schön erkennbar die Bauartunterschiede, die im Laufe der langen Bauzeit beider Baureihen Einzug hielten:
Bei der 110 110, der zehntenLok dieser Baureihe sind es noch die großen Einfachlampen und waagrechte Lüfter,
bei der 140 aus einer neueren Serie bereits doppelte Lampen und senkrechte Lüfter.
Ansonsten unterschieden sich beide Baureihen lediglich durch ein anderes Übersetzungsverhältnis;
die 110 war für 150 km/h, die 140 für 100 km/h zugelassen. Damit war nach dem gültigen Farbschema die 110 als über 120km/h schnelle Lok blau, die 140 grün gestrichen.

Ungleiche Schwestern
Ungleiche Schwestern
Thomas Reitzel


Mein Foto zeigt zudem, als Ergänzung zum Blick in die entgegengesetzte Richtung,

Vor 30 Jahren
Vor 30 Jahren
Thomas Reitzel

das schäbige Stellwerksgebäude der Abzweigstelle Darmstadt Nord, an dem wohl im Hinblick auf eine baldige Umstellung auf Spurplantechnik,
d.h. Fernsteuerung durch Darmstadt Hbf, nichts mehr investiert werden sollte,
nur noch die nötigsten Instandhaltungsarbeiten ausgeführt wurden.
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Commentaire 7

  • Oliver Münk 14/03/2011 23:32

    Ein bemerkenswertes Bild, vor allem natürlich für den, der die Örtlichkeit heute kennt.
    Der größte Unterschied zwischen Kastenzehner und 140 ist übrigens nicht der Antrieb, sondern die Bremsanlage.
    Da hier beide Maschinen mit dem Führerstand 1 voraus laufen, ist am Dachaufbau der 110 der Lufteinlaß zu erkennen, der der 140 fehlt. Darunter liegt die Kühlanlage für die Bremswiderstände, die die 110 knapp drei Tonnen schwerer macht als die 140, bei deren primitiver K-Bremse der oben erwähnte Mischbetrieb mit Nahverkehrszügen zu einem exorbitanten Verschleiß an der Bremsanlage und damit zu ständigen Werkstattaufenthalten (Bremse nachstellen bzw. Bremssohlen tauschen) führte.
    Trotzdem dürfte man froh gewesen sein für jede DT-fähige 140, da sie ja auch hinter den damals üblichen KWS-gesteuerten Wendezügen zu gebrauchen war und die 110er noch lange nicht umgerüstet waren. Durch ihr Beschleunigungsvermögen war die 140 gerade zwischen Frankfurt und Darmstadt jeder 141 überlegen, da diese hier ihre Höchstgeschwindigkeit praktisch nie erreichte...
    Ein granatenmäßiger Schuß aus dem Archiv, der mir bisher entgangen ist.

    Gruß Oliver
  • Thomas Hoog 27/06/2007 9:01

    Eine interessante Szene, bei der ich zunaechst an ein 140er-Doppel dachte. Und ein passender Text, schoen kombiniert.
    Gruesse aus Essen, Thomas
  • Hans-Dieter Illing 26/06/2007 23:33

    Hallo Tom,
    wieder mal ein sehr interessantes Bild von Dir. Zeigt es doch eine mir sehr vertraute Ecke. Und Deine Informationen finde ich auch immer sehr interessant.
    Zur Abwechslung habe ich wieder mal ein Bild aus heutiger Zeit. Etwas weiter gab es doch den Abzwei "Kastanienallee" (?), der von der Strecke aus Wiebelsbach direkt nach Kranichstein führte. So sieht es dort heute aus:
    ehem. Abzweig Kastanienallee
    ehem. Abzweig Kastanienallee
    Hans-Dieter Illing
    Aus der Eisenbahnbrücke wurde ein Fahrradweg. Links das alte noch stehende Stellwerkshäuschen.
    lg Hans-Dieter
  • markus.barth 26/06/2007 21:55

    `ne schatzkiste, sag ich doch. ;-)
  • Thomas Reitzel 26/06/2007 21:37

    @Nico: Als Eisenbahner hat man vor allem eines schnell erfahren: Es gibt bei der Bahn nichts, was es nicht gibt.
    Und Jochen sagt es ganz richtig: 01+44 oder ähnliche Kombinationen waren vor allem in der Endzeit der Dampflok zwar nicht oft, aber manchmal anzutreffen.
    Siehe hierzu auch das Foto von den planmäßigen Bespannungen des Bw Crailsheim vor Durchgangsgüterzügen zwischen Heilbronn und Ansbach:
    Schwer
    Schwer
    Thomas Reitzel

    LG Tom
  • Klaus Kieslich 26/06/2007 21:28

    Eine klasse historische Aufnahme !
    Gruß Klaus
  • Nico Berte 26/06/2007 20:55

    Interessantes Foto, auch mit dem niedrigen Signal und dem Stellwerk. Und die Möglichkeit, zwei Loktypen zu vergleichen. Man stelle sich eine ähnliche Szene mit einer 01 und einer 44 vor einem Güterzug vor. Gab es das überhaupt?

    LG Nico