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Abwehrkampf an der Südfront (1915–18) in Wort und Bild / 2.Teil

Abwehrkampf an der Südfront (1915–18) in Wort und Bild / 2.Teil

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Ludwig Go


Free Account, Innsbruck

Abwehrkampf an der Südfront (1915–18) in Wort und Bild / 2.Teil

Fotobeschreibung:
Foto links: Originaluntertitel – Sonnenschein in trüben Tagen. Für Dummheiten waren wir immer zu haben. Masetti 1915. (Der Soldat vorne rechts ist Ludwig F., in der Hand hält er einen so genannten Bergstock - mit Eisenspitze.)
Foto rechts oben: Originaluntertitel – Serrada-Stellung. Brustwehr und Abgang in den eigentlichen, in den Fels gehauenen Graben. Im Hintergrund wiederum die Kuppe mit dem österreichischem Panzerwerk Serrada. 1916.
Foto rechts unten: Originaluntertitel – Im Vordergrund ein unsriger Laufgraben. Blick gegen das Dorf Piazza im Terragnolotal in dem bis zur Offensive 1916 die Italiener hausten. Sommer 1916. (Die Seilbahn wurde erst nach der Offensive errichtet.)

Abwehrkampf an der Südfront (1915–18) in Wort und Bild / 1.Teil
Abwehrkampf an der Südfront (1915–18) in Wort und Bild / 1.Teil
Ludwig Go


Abwehrkampf an der Südfront (1915–18) in Wort und Bild / 3.Teil
Abwehrkampf an der Südfront (1915–18) in Wort und Bild / 3.Teil
Ludwig Go


Mitte Juli bis Mitte August 1915
In dieser Zeit war das Schützenbataillon an drei verschiedenen Stützpunkten eingesetzt. Alle befinden sich im Festungsdreieck zwischen Gschwent (ital. Belvedere, ist heute das einzig unzerstörte österr. Fort aus der damaligen Zeit, ein interessantes Museum ist dort untergebracht und es ist komplett begehbar!) – Lusern und Verle. Ludwig hat die Nummern vermerkt und auf einer Spezialkarte habe ich sie auch gefunden. Bin schon gespannt ob ich im Sommer noch Überreste davon finde.
Die Männer hatten großes Glück, denn zu dieser Zeit fanden keine heftigen Infanterieangriffe statt und immer mehr reguläre Truppen kamen von der Ostfront an die gefährdete Tiroler Grenze.

15. August 1915
In Masetti findet eine Feldmesse statt.
Am nächsten Tag werden „Liebesgaben“ an die Soldaten verteilt. Anlass war der 85. Geburtstag von Kaiser Franz Joseph.
Ludwigs Freund Georg bekommt jenen Fotoapparat von daheim geschickt, dem wir viele der Bilder verdanken. Später erhält auch Ludwig einen eigenen Fotoapparat. Die Fotos wurden in ihren festen Stellungen entwickelt, denn sie besorgten sich extra die dafür nötige Ausrüstung.

24. August 1915
Anhaltend schweres Trommelfeuer auf die österr. Festungen Verle und Lusern. Die ital. Artillerie feuerte mit zwei 30.5 cm Küstenhaubitzen vom Assatal auf das Werk Verle und beschädigt es schwer. An mehreren Stellen wurde die Betondecke durchschlagen oder Panzerkuppeln zerstört. Die 21 und 28 cm Granaten konnten dem Bauwerk nur wenig anhaben, die 442 kg schweren 30,5 cm Bomben hingegen richteten schwerste Verwüstungen an. Völlig unverständlich mutet in diesem Inferno die folgende Situationsmeldung der 180. Infanteriebrigade vom 19. August an: „Werk Verle erhält um 3 Uhr nachmittags in bester Stimmung seinen 1000. schweren Schuss seit 15. des Monats.“ Vom 23. Mai bis 31. Oktober sterben 13 Mann der Werksbesatzung durch den direkten Beschuss.

25. August 1915
Ludwig schreibt:„ In dieser Nacht musste alles hinaus. Auch unsere Professionisten und sogar leicht Marode eilten mit dem Adjutanten unseres Majors an eine der gefährdetsten Stellen und lagen als Reserve in einer Mulde im schwersten Feuer. (später, nach dem abgeschlagenen italienischen Angriff) Weit über 1000 Tote und Verwundete, ganz abgesehen von der Menge Munition die alleine die 10-tägige Vorbereitung verschlang, das war der Preis dieses misslungenen Unternehmens. Dicht hingen die Toten und Verwundeten in unseren Verhauen und lagen im Vorterrain. Ein Jammer sondergleichen.“

Ende August 1915
Nach den schweren Abwehrkämpfen wir das Schützenbataillon vom Landstürmern abgelöst und aus der Front genommen. Die Truppe marschiert über die Fricca Straße nach Vattaro am Caldonazzosee.
Der Thronfolger Erzherzog Karl inspiziert das Standschützenbataillon Schwaz im Zuge einer seiner vielen Frontfahrten. Das ganze Dorf wird festlich geschmückt und nach wenigen Minuten war der „Spuk“ vorüber.

Anfang bis Mitte September 1915
Nach 10 Tagen auf Retablierung geht es zurück an die Front. Diesmal ist das Bataillon in der Nähe der Festung Cherle (später wegen phonetischer Verwechslung mit Verle, als San Sebastiano bezeichnet) eingesetzt, nämlich im Val Fredda (kaltes Tal). Dieses lag unterhalb einer wichtigen Stellung, auf einem Berg namens Durer.

Mitte September bis Mitte Oktober 1915
In diesem Zeitraum entspannen sich erbitterte Kämpfe um die Stellungen am Durer. Er ragte nämlich wie ein Keil in die feindlichen Linien hinein und wurde auch deshalb so stark angegriffen. Es gab viele Tote unter den Standschützen. Beim Volltreffer einer Granate starben 8 Männer, die alle aus demselben Dorf kamen. Welch ein schmerzliches Schicksal. Ludwig war zu dieser Zeit nicht voll diensttauglich und deshalb hauptsächlich im Lager Val Fredda, wo er alle möglichen Aufgaben zu erledigen hatte.
Die Folgen der Schlacht waren entsetzlich, Ludwig erzählt:„Bei Tag passierte ein Leichenzug den Steig neben unserer Küche. Pietätvoll wurde dabei nicht gerade vorgegangen. Bosniaken waren damit betraut, etwa 70 gefallene Österreicher und Italiener auf den Friedhof San Sebastiano zu schaffen. Eine Zeit lang mögen die Toten wohl getragen worden sein, schließlich wurde den Leuten aber jedenfalls die Sache zu beschwerlich. Mit Leibriemen, mit Stricken oder auch Draht, band man den Toten die Füße zusammen, steckte einen Ast hindurch, einer links einer rechts, so wurden die Leichen auf dem Boden dahin gezogen. Es ging natürlich über Stock und Stein, dass die Schädel klapperten, fast allen war schon Montur und Wäsche herabgestreift, ja ganze Fetzen von Haut und Haaren blieben an den Steinen zurück.“

Ende Oktober 1915
Ablösung von der Durer-Stellung (nach fast einem Monat!) und Rückmarsch nach Nocchi. Es folgt ein kurzes Intermezzo im Spital, aufgrund starker Bauchschmerzen. Wahrscheinlich stammen sie vom Verzehr verdorbenen Fleisches.

Mitte November bis Mitte Dezember 1915
Es geht wieder zurück an die Front, diesmal auf den Plaut (ebenfalls ein wichtige Erhebung ganz in der Nähe des Durer). Sie werden dort zum Bau von Stellungen eingesetzt. Der Winter lähmt zunehmend die militärischen Aktionen auf beiden Seiten.

Weihnachten 1915
Die Standschützen feiern die erste Kriegsweihnacht im Felde. Ein Bäumlein wird aufgestellt und notdürftig geschmückt.

Jänner 1916
Durch einen Zufall wird Ludwig zum Kanzleidienst bei der Genieabteilung (techn. Abt.) nach Folgaria versetzt. Er leistet dort gute Arbeit und wird zum Gefreiten befördert. Hauptsächlich ist er mit Schreibarbeiten und Telefondienst beschäftigt.

Feber – April 1916
Ludwig kehrt zum Standschützenbataillon nach Serrada zurück und wird dort für Kanzleidienste bei der 1. Kompanie eingesetzt.
Der Krieg während der Wintermonate beschränkte sich auf gelegentliche Artillerietätigkeit. Im Februar schlägt eine 21cm Granate im Nebenhaus ein und richtet großen Schaden an. 1 Toter und mehrere Verletze sind die Folge.
Am 3. März fällt 1 Meter Schnee! Auf rund 1500 Höhenmetern, keine Seltenheit.

30. April 1916
Die Sommerzeit wird eingeführt. Alle Uhren werden um 1 Stunde zurückgestellt.

Mai 1916
Die Vorbereitungen für eine groß angelegte österreichische Offensive laufen auf Hochtouren. Sie sollte später unter dem Namen „Strafexpedition“ in die Geschichte eingehen.
Große Mengen an Geschützen und Munition werden herangefahren. An der Straße zwischen Mezzaselva und Folgaria, wurden auf engstem Raum 6 schwere Skoda Mörser 30,5 cm aufgestellt.

15. Mai 1916
Ludwig erzählt:„Die Uhr zeigt Punkt 6 Uhr – der Wirbel begann. Wie kläffende Hunde bellten die kleinen Spritzen und wie wütende Großraubtiere brüllten die großen Geschütze. Der Lärm wuchs von Minute zu Minute ins Ungeheuerliche, sodass schließlich nur ein einziges, sich nie unterbrechendes Getöse zu vernehmen war. Der Boden zitterte.“
(laut Wiki) Am 13. Mai 1916 erfolgen die Angriffsbefehle für den 15. Mai 1916 06:00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt begann das Trommelfeuer aus 369 Geschützen, darunter 120 vom Kaliber 24 cm – 42 cm. Die italienischen Festungswerke Forte Monte Verena, das Nachbarwerk Forte Campolongo und das noch unfertige Forte Campomolon (in letzterem waren vier 28 cm Haubitzen in offener Stellung postiert gewesen) waren zwar bereits im Juni 1915 artilleristisch intensiv bekämpft worden und waren nur zur infanteristischen Verteidigung in der Lage. Dennoch lagen sie nochmals unter schwerstem Feuer und wurden diesmal gänzlich zerstört.
Wie üblich, gab es taktische und strategische Fehler beim AOK und der Heeresgruppe, Querelen zwischen den beiden Stellen einerseits, den Armeen und Korps andererseits, was letztendlich dazu führte, dass man sich nach dem Scheitern der Offensive gegenseitig die Schuld zuschob.

16. Mai 1916
Die „Strafexpedition“ gegen Italien wurde von langer Hand vorbereitet und brachte dennoch nicht den gewünschten Erfolg. Unter anderem waren auch die ungewöhnlich starken Schneefälle verantwortlich, die mehrere Verschiebungen notwendig machten. Die Italiener bekamen schließlich auch Wind von der Sache und trafen die entsprechenden Vorbereitungen.
Das Schwazer Standschützenbataillon war nicht in die Kampfhandlungen eingebunden, denn längst waren alle verfügbaren Einheiten Vorort. Kaiserjäger und Kaiserschützen, kämpften neben Sudetendeutschen und Bosniaken.
Nach der dreistündigen Artillerievorbereitung begann der allgemeine Sturmangriff. An den meisten Stellen wurden die feindlichen Linien auch tatsächlich durchbrochen, wenn auch der geplante Vorstoß bis in die Poebene nicht gelang.
Ludwig erlebte diese Stunden in Serrada, heute ein netter kleiner Skiort, am Abhang des Terrangolotals. In diesem Tal, spielten sich erbitterte Kämpfe ab. Der kleine Ort Piazza war ein besonderer Brennpunkt des Geschehens. Ludwig erzählt:„Am Abend wie es dunkel wurde, standen wir an der Strasse, die gegen Piazza führte und beobachteten den Kampf. An den verschiedenfärbigen Leuchtkugeln ersah man deutlich die Fortschritte, die unsere Truppen machten. Bald knatterte es da, bald dort, bald hörte man das Hurra-Geschrei vom Tale, bald vom uns gegenüberliegenden Wald. Fortwährend beschoss unsere Artillerie jene Punkte, in denen sich der Feind zäh hielt. Im Dörfchen Piazza brannte ein ganzes Häuserviertel.“

17. Mai 1916
Geschlafen haben in dieser Nacht wohl nur die Wenigsten. Die Standschützen wurden vor allem zur Bergung von Verwundeten und Toten eingesetzt. Die Folgen der Schlacht waren furchtbar. Ludwig erzählt: „Grausig sah es in Piazza aus. Die Bosniaken gerieten wegen ihrer Bedrängnis, ihrer zweimaligen vergeblichen Stürmung der Ortschaft und wegen der dabei erlittenen empfindlichen Verluste derart in Wut, dass sie mit dem Dolch zwischen den Zähnen vorgingen und alles was sie an Feinden noch erwischen konnten kurzweg „abkragelten“. Leichengeruch erfüllte die Luft.“

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