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† Foto-Volker


Premium (World), Cottbus

Benimmregeln

Im Papiercontainer fand ich kürzlich ein Buch (herausgegeben 1958), dass mir sehr bekannt vorkam, denn es gehörte in meinem Internat zu Pflichtliteratur.
Als Internatsschüler war man voll den Lehrern und Erziehern ausgeliefert.
Wir bekamen nur am Mittwoch Nachmitag und am Wochenende Ausgang.
Heimfahrten mussten genehmigt werden, weil man nur dann die abgegebenen Lebensmittelmarken zurückbekam. Die nahmen wir natürlich nicht mit nach Hause, sondern setzten sie in Thür. Rostbratwurst um.
22.00 Uhr war Bettruhe und wir mussten das Kino oft vor Filmende verlassen.
Und wehe, es wurde jemand beim Hören einer westlichen Schlagersendung erwischt.
Wir wurden stänig genervt mit Ernteeinsätzen, Besuch von Popagandaveranstaltungen (dort traf man immer dieselben Personen - Saalfüller genannt) und milit. Übungen. Zum Glück gab es damals noch nicht die "beliebten" Fahnenappelle.
Einmal mussten wir Walter Ulbricht auf dem Theaterplatz umlagern, damit kein Bürger mit einer Bittschrift an ihn herankam.
Am 1. Mai hatten wir links- und rechtsaußen der Reihe zu gehen, um zu verhindern, dass einige Demonstraten sich absetzten.
Dazu Agit-Prop. auf den Dörfern, um die Bauern zum Eintritt in die LPG zu nötigen.
Einmal, an einem frühen Sonntagmorgen, wurden wir wieder einmal durch einen Alarm geweckt. Wir bekamen Karte und Kompass in die Hand gedrückt und sollten ein vorgegebenes Ziel erreichen.
Unterwegs, es war noch recht neblig, trafen wir auf einen Bauern, der uns fragte, wass wir so früh im Gelände trieben und ob wir schon Geld umgetauscht hätten.
Völlig unvermittelt fand dieser Umtausch statt, mit dem die westberliner Wechselstubenbesitzer auf einmal auf nun wertosen DDR-Geld saßen.
Und diejenigen Betrüger, Schieber und Spekulanten die zuhause größere Summen Schwarzgeld lagerten, waren auch betroffen.
Einigen unserer Erziehern und Lehrern war manches wohl nicht so geheuer, denn sie flohen bei den damals noch offenen Grenzen in den Westen.
Als Jugendliche fanden wir das alles nicht so schlimm, die Ernüchterung kam dann 1961 mit dem Mauerbau und so mancher änderte seine Ansichten.
Ergänzung: Sexuell missbraucht oder verprügelt wurde niemand.

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