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Bittersweet

Es war schon spät, kurz vor Sonnenuntergang. Ich wanderte zum Ostende der Insel um die letzten Sonnenstrahlen außerhalb der Touristen Hotspots zu genießen. Ein paar Möwen zankten sich in der Brandung um die dicksten Muscheln und ich setzte mich ein Stück weit entfernt in den Sand um die Szene fest zu halten. Kurz darauf sah ich im Augenwinkel, wie sich links von mir etwas im Sand regte, gut 150 Meter entfernt formte sich ein kleiner Sandhaufen zu einer Banane ~ ein entspanntes Seehundjungtier rekelte sich in der Sonne. Durch den Telezoom konnte ich es gut erkennen ohne, dass es mich sah. Da ich nun eh in der Position war drückte ich auf den Auslöser, sah aber direkt im Anschluss zu, dass ich mich leise vom Ort des Geschehens verzog. Das Kleine sah mich, als ich davon ging, aber schloss auch gleich wieder die Augen um weiter zu dösen. Auf dem Rückweg, war es nicht mehr da und schwamm hoffentlich wieder mit seiner Mama durch die Wellen.

Man darf nicht vergessen, dass der Strand ein Lebensraum ist. Es ist ein Spaziergang durch das Wohnzimmer vieler Lebewesen und als Gast sollte man sich auch dementsprechend verhalten. Leider ist sich nicht jeder dieser Rolle bewusst und so kommt es immer wieder zu unschönen Zusammentreffen.
Seehunde werden zwischen Juni und Juli geboren. Auch wenn sie bei Ebbe geboren werden und schon bei der nächsten Flut schwimmen können, werden sie von ihren Müttern manchmal für einige Stunden am Strand zurück gelassen, damit diese in Ruhe jagen und die Kleinen sich in der Zeit ausruhen können. Wenn man also einen jungen, unverletzten Seehund am Strand liegen sieht, ist das erst mal kein Grund zur Beunruhigung. Schwierig wird es, wenn sich Menschen nicht an die Regeln halten!
Es ist eigentlich recht simpel : Mindestabstand einhalten, mindestens 100 Meter am besten 300 Meter (wie in meinem Fall nicht immer möglich, aber sich dann wenigstens zeitnah vom Fundort entfernen und nicht den Fluchtweg zum Wasser versperren ) und unter keinen Umständen das Tier berühren. Das Problem ist, dass bei zu viel Trubel um das Jungtier, die Mutter nicht zurück kommen kann und bei Berührung der Geruch sie sogar veranlassen kann, ihr Junges zu verstoßen. Eigentlich also gar nicht so schwierig und trotzdem kommt es immer wieder zu diesen unschönen Begegnungen. Sonst besuche ich die Insel meist außerhalb der Saison, vielleicht ist es mir deshalb dieses mal so massiv vorgekommen. Teilweise standen die Menschen direkt vor den Jungen um mit dem Handy Fotos zu machen oder setzten sich fürs Selfies direkt daneben, wieder andere ließen ihre Hund frei laufen und fanden es amüsant, wenn diese an den Tieren schnupperten. Ich habe in diesen Tage viele Gespräche geführt, manche hatten Verständnis, anderen war es offensichtlich völlig egal – es kam sogar die Ansage, dass die Tiere selber Schuld seien, wenn sie ihr Jungtiere dort hinlegen, wo die Menschen spazieren gehen. Es ist eine Mischung aus Uninformiertheit und Egoismus! Im letzten Winter haben Touristen eine junge Kegelrobbe am Strand gefunden und diese an die Promenade getragen um bessere Fotos machen zu können, das Tier musste danach in der Seehundstation aufgezogen werden, weil die Mutter es nicht mehr angenommen hat .Ich frage mich, wie weit viele Menschen von der Natur entzweit sind ?!? Es ist eine Mischung aus Traurigkeit und Wut !
Und so empfinde ich auch dieses Foto bittersüß, ein schöner Moment voller Ruhe und doch auch eine Erinnerung an all dieses Ignoranz der ich dieser Tage begegnet bin.

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