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Ulrich Kirschbaum


Free Account, Mittelhessen

Flechten-Minis

In den mittelhessischen Städten Gießen und Wetzlar wird seit 45 Jahren die Flechtenvegetation in regelmäßigen Abständen nach einer standardisierten Methode untersucht, weil man mit Hilfe der Flechten die Entwicklung der Luftgüte (und den Klimawandel) erfassen kann - sie sind Bioindikatoren. Das beigefügte Bild zeigt einen winzigen Ausschnitt aus einer Erhebung von diesem Jahr: Auf der Pappelborke befinden sich mehrere Zeiger für übermäßige Stickstoffanreicherung (Überdüngungs-, Eutrophierungszeiger) in trauter Gemeinschaft: Die weiß berandeten Apothecien gehören zu Lecanora dispersa (Zerstreute Kuchenflechte), die gelben Fruchtkörper zu Candelariella aurella (Godfarbene Dotterflechte). Beide Arten kommen normalerweise auf Gestein vor und gehen nur dann auf Borke über, wenn diese stark staubimprägniert und nährstoffreich ist ... wie bei dieser Pappel).
Weitere Eutrophierungszeiger: Die randlosen, gewölbten, braunen Apothecien gehören zu Lecania cyrtella (Holunder-Lecanie), bei den düster graugrünen Körnchen handelt es sich um das Lager von Rinodina pityrea (Kleiige Braunsporflechte). Fehlen darf natürlich auch nicht eine Alge, die ebenfalls nährstoffreiche Borken überzieht: Die rostfarbenen Körnchen der Grünalge Trentepohlia spec.
Der beigefügte Maßstab mag darauf hinweisen, wie winzig diese Krustenflechten teilweise sind ... und damit auch, wie leicht man sie am Baum übersehen kann. Ohne eine sehr gute, mindestens zehnfach vergrößernde Leuchtlupe geht da gar nichts.
Die leichte Überschärfung des Bildes bitte ich zu entschuldigen - bei einem Abbildungsmaßstab von 5:1 wird Fotografieren schwierig.

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