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Gsellmann's Weltmaschine

Gsellmann's Weltmaschine

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Lars Bunge


Free Account, Bochum

Gsellmann's Weltmaschine

Aufgenommen mit einer Sony DSC-F505-Kamera.

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Acht Jahre verschwieg Franz Gsellmann, woran er arbeitete. Er sammelte in der Umgebung Müll, fuhr auf Fetzenmärkte, schwieg. Er montierte etwas ihm selbst Unbekanntes aus Teilen von Maschinen und Gegenständen zusammen: Eine Denk-Spieluhr. Er erklärte nichts, gab keine Auskünfte. Auch später gab er keine Erklärungen, antwortete er nicht auf Fragen nach einer Bedeutung oder Absicht. Aber seine Maschine verrät, was sein Denken ausmachte: das Vorgeformte, die Assoziationsketten, die Verwandlung durch Bewegung, kurz die Funktion des Gehirnwerks. Gsellmann baute eine viel komplexere Maschine, als es den Anschein hat, er baute eine Maschine, die schöpferisches Denken und den schöpferischen Prozeß in einem darstellt. Das Kunstwerk an sich war der Entstehungsprozeß, das Suchen, Finden, Verwerfen, Korrigieren, Zusammensetzen.

Die Weltmaschine selbst ist ein schwer zu begreifendes und noch schwerer zu beschreibendes Unding aus einer anderen Welt, oder zumindest aus einer Welt, die wir nicht begreifen können. Sie besteht aus 98 verschiedenen Teilen, davon allein 200 Glühbirnen, 25 Motoren, 53 Schaltern, 130 Steckern, 52 Keilriemenscheiben, 10 Scheinwerfern und 242 Silberschrauben. Es ist ein scheinbar chaotisches Wirrwarr aus den sinnlosesten, unpassendsten Dingen, die, im Gesamten, dann doch wieder Sinn ergeben: Vogelpfeifen, eine Obstschüssel aus Japan, eine Windmühle aus Holland, ein Pokal aus Persien, ein Haarfön, eine Schiffsschraube, Lampenschirme, Kruzifixe und Heiligenfiguren, ein Porzellanadler, eine Trockenhaube, ein Christbaumständer, ein Sechszylindermotor, eine Sauerstoffflasche, Hufeisen, ein Mixer mit Ventilator und natürlich diverse große und kleine Modelle des Brüsseler Atomiums, um nur einen Bruchteil der Bestandteile anzuführen. Den Kern der Weltmaschine bildet ein Konglomerat aus Rädern, Scheiben und Reifen, die sich einst pfeifend und surrend in alle Richtungen bewegten. Heute funktioniert der äußere Teil des Zentrums nicht mehr, denn die original Hula-Hoop-Reifen haben mit den Jahren an Elastizität eingebüßt und werden heute von kleinen Hölzchen abgestützt. Trotz dieser Alterserscheinung ist es ein hinreißendes, ohrenbetäubendes und gleichzeitig furchteinflößendes Schauspiel, wenn die Weltmaschine in Aktion ist.

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