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Hp Dechenhöhle

Es gibt Ereignisse, die bleiben im Gedächtnis eingebrannt auch wenn sonst nicht mehr an dieses Ereignis erinnert. So auch hier. Nur dieses eine mehr als bescheidene Foto habe ich von einer meiner Fahrten zwischen Lethmate und Iserlohn. Fast alle Schulkinder der frühen 60er Jahre in NRW haben die Dechenhöhle besucht. Ich war damals wegen einer Erkältung nicht dabei. Aber ich war dann eben in späteren Jahren dort. Wie damals fast alle Schulkinder natürlich auch auf der Schiene, was ich nicht wußte, die Strecke hat es in sich.

16:20 Uhr, Personalwechsel. 83310 steht schon bereit, Ablösen vor Ort. Zwei alte Haudegen steigen auf die Lok. Keine Vorkommnisse, also Indusirolle beschriften, Zugnummer umgestellt, Bremsprobe gemacht, und ran an die Buletten. Die Ausfahrt zeigt zwei Flügel (nicht wirklich – es ist ein Lichtsignal, aber es bleibt meist bei dieser alten Bezeichnung.). Der Zugführer gibt Zp9. Wirklich beeindruckend, wie die Maschine den Berg nimmt. Kaum ist die Steuerung gerade bei 45/100 eingeklinkt, da wird der Haltepunkt Dechenhöhle erreicht. Paff, geht das Ramsbottom los. Ich griene nur zu meinem Heizer: der Injektor arbeitet. Planhalt 2 Minuten. Mit etwas Sand geht’s weiter. Unter 45/100 wird die Steuerung nicht mehr gelegt, da wird der Zug dann doch zu langsam. Bei Bahnkilometer 4,1 die 30er Ankündetafel, also Wachsam drücken und Regler beiziehen. Letztes Jahr hatte ein Kollege oben auf dem Berg die Mine ausgelöst, soll heißen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung durch die Indusi eine Zwangsbremsung erhalten, und man muss ja auch nicht mit 70 Sachen über den Brechpunkt jagen. 16:35 Uhr, der Zug endet hier. Der Zf meldet mit dem Handy, dass 83310 mit Schluss in Iserlohn angekommen ist, und bekommt die Zustimmung zur Abfahrt des 83311 um 16:45 Uhr. Die P8 ist jetzt Schlussläufer und bekommt rote Scheiben in die Laternen. Ich lege das Knorr 8 auf Mitte und bestätigt nach der Bremsprobe meinem Kollegen von der Diesellok, dass die Bremse in Dortmund ist (In unserer Region klingt „Bremse in Ordnung“ eben wie „Bremse in Dortmund“.). So nun noch den Indusi-Störschalter rein, Steuerung auf 75/100 rückwärts. Mein Heizer nässt noch mit der Tenderbrause die Kohlen. Und schon geht es wieder zurück. Nach insgesamt fünf Fahrten endet der erste Tag. Nicht ganz, die P8 muss noch restauriert werden. Der Lotse hilft mit, den Rost sauber zu machen (was heißt hier hilft mit, er hat es fast allein gemacht.). Ein Bagger holt aus dem E-Wagen die Kohlen und belädt den Tender. Wenigstens braucht die Lokmanschaft nicht die Kohlen von Hand auf ein Förderband schaufeln. Das hat’s auch schon gegeben. Gegen 20 Uhr können dann die ersten frischen Kohlen auflegt werden. Der planmäßig vorgesehen Nachtheizer ist wegen Erkrankung nicht erschienen und ich übernehme den Dienst. Weil ich am nächsten Tag die Spätschicht habe. Nach dem Abschlammen habe ich mit dem Injektor runter gespeist und die Kohlen nass gemacht. Mit der nassen Kohle wird jetzt das Ruhefeuer aufgebaut. Zum Schluss noch mal den Aschkasten genässt und den Wasserstand kontrolliert. Der Regler wird verschlossen, Tenderbremse angelegt, Pumpen und Lichtmaschine abgestellt, zu letzt noch die Lok verschlossen und dann kann ich mich in einen der Wagen für 4 Stunden zur Ruhe begeben.

Commentaire 5

  • Dieter Jüngling 30/03/2017 22:25

    Es liest sich wie ein kleine Roman.
    Fahrende Schriftsteller können doch so herrlich aus ihrem Leben erzählen.....
    Gerne mehr davon!
    Gruß D. J.
  • Roststab 29/03/2017 19:59

    Hallo da bin ich wieder! Erstmal vielen Dank für euer Lob und die Anmerkungen. Ich bin mitten im Text unterbrochen worden und mußte erst mal was anderes erledigen, deshalb hier die Fortsetzung:

    Unbarmherzig rappelt der Wecker und holt mich aus dem tiefsten Schlummer. Kontrolle ist fällig. Also Augen reiben und die Handlampe suchen. Schlaftrunken wandele ich zur Lok. Unter der Lok hat sich eine große Wasserlache gebildet und es plätschert aus dem Gestraventil. Das ist schon beim Abstellen aufgefallen aber wir haben alle gedacht, das kommt vom Nässen des Aschkastens. So kann man sich täuschen. Der Wasserstand sollte eigentlich höher sein. Kesseldruck steht bei 6 bar, Feuer ist gut. Da kann ich beruhigt mit dem Injektor nachspeisen. Aber das Biest will nicht. Was ich auch anstelle. Selbst der berüchtigte Eimer mit Kaltwasser hilft nicht. Doch Wasser muß in den Kessel. Also Luftpumpe an und die Fahrpumpe ganz langsam laufen lassen. Soll man zwar nicht machen, aber wenn auch die Luftpumpe mitläuft, wird das Speisewasser wenigstens etwas vorgewärmt. In der Not frisst der Teufel Fliegen. Ja Pustekuchen, die Fahrpumpe verbraucht mehr Dampf, als sie Wasser in den Kessel fördert. Mir bleibt nichts anders übrig, als die Kohlen auf dem Rost auszubreiten und mit dem Hilfsbläser den Druck aufzubauen. Bei 9 bar zieht der Injektor endlich. Ziemlich müde mache ich es mir auf meinem Hocker bequem. Nicht lange und ich bin wieder eingeschlafen.

    Ein schöner Sonntag kündigt sich um halb sechs morgens an. Als es vollends hell ist, beginne ich den Vorbereitungsdienst. Schmierstellen kontrollieren und die Dochte einstecken. Gegen acht erscheint die Ablösung. Ob ich die erste Fahrt heizen dürfe, frage ich meinen Ablöser, der eigens heute morgen angereist war. Der ist einverstanden, kann er doch in aller Ruhe über den Trödelmarkt gehen, der gerade aufgebaut wird. Ich will einfach nur sehen, wie ich mit der Strecke zu Rande komme. Im Vorjahr habe ich die Schaufel auch nicht geschwungen. Aber der alte Mann kann’s noch, wir sind mit plus 2 abgefahren, haben den Halt an der Dechenhöhle nicht gekürzt und sind trotzdem pünktlich angekommen.Danach ist erst mal Ruhe mit der Fahrerei. Wenigstens bis 19:36 Uhr.

    Wieder ist Personalwechsel. Wir erhalten ein sauberes Feuer für die Rückreise. Die Diesellok zieht nun, jedoch nur bis Hagen. Der Zug wendet. Die P8 führt wieder. Noch eine Regionalbahn müssen wir rauslassen und die Kreuzung mit einem IC abwarten. Die Zeit wird genutzt, um ein ordentliches Feuer aufzubauen. Bis Bochum Hbf braucht mein Heizer nicht nachlegen, nur den Druck muss er abpumpen, wenn ich wegen Vr 2 oder Vr 0 den Regler schliesse. Nun denn, zwei Sägezahnlinien hinterlassen eben ihre Spuren. Endlich, um 22.17 Uhr steht das gute „Mädchen für Alles“ wieder im Stall.
  • Heinz Hülsmann 29/03/2017 19:20

    Bravo, eine tolle Geschichte, am Wochenende geht ,,Deine Lok'' wieder auf Tour.

    VG Heinz
  • makna 29/03/2017 15:06

    "Bremse in Dortmund" heißt dann: "Kanufahren" ... ;-)
    Eine sehr schöne Schilderung der Fahrten
    und des Dienstes bis zur Nachtruhe !!!
    Und ein idyllisches Motiv !!!
    BG Manfred
  • BR 45 29/03/2017 14:18

    Prima Erzählung zu diesem Sonderzugdienst und
    beim Foto gefällt mir am besten der "Leitermann",
    alles in allem ein feiner "Nachschuß" !!
    Grüße Andy