2 412 35

Marguerite L.


Premium (World), Zürichsee

Imperia

Die Imperia ist eine Statue im Hafen von Konstanz am Bodensee, entworfen und ausgeführt von dem Bildhauer Peter Lenk und 1993 aufgestellt. Die Figur ist aus Beton gegossen, rund 10 m hoch, 18 Tonnen schwer und dreht sich mit Hilfe eines Motors innerhalb von drei Minuten einmal um die eigene Achse. In ihrem Sockel ist eine Pegelmessstation integriert, die von einem begehbaren Steg umgeben ist.

Die Statue der Imperia erinnert satirisch an das Konzil von Konstanz (1414-1418). Sie stellt eine üppige Kurtisane mit erotischer Ausstrahlung dar (tiefes Dekolleté und ein Umhang, der nur von einem Gürtel notdürftig geschlossen ist).

Auf ihren erhobenen Händen trägt sie zwei zwergenhafte nackte Männlein. Das rechte – der Kaiser – trägt die Reichskrone auf dem Haupt und hält einen Reichsapfel in der Hand, das linke – der Papst – trägt eine Tiara und hat die Beine übereinandergeschlagen. Es ist nicht eindeutig, ob die Figuren die tatsächlichen Vertreter der weltlichen und der geistlichen Macht zur Zeit des Konzils, Kaiser Sigismund und Papst Martin V., repräsentieren sollen. Der Künstler selbst sieht sie lediglich als nackte Gaukler, die sich die Insignien der Macht widerrechtlich aufgesetzt haben.

Diese Figurenkonstellation erinnert an die angebliche Mätressenherrschaft, die der römischen Amtskirche von ihren heftigsten Kritikern zu manchen Zeiten vorgeworfen wurde. Auch das Patriarchat, das über Jahrhunderte hinweg sowohl in der Politik wie in der Kirche herrschte, wird aufs Korn genommen: Kaiser und Papst sind Spielball ihrer eigenen Libido; die mächtigsten Männer werden von ihren niedrigsten Trieben beherrscht. Imperia, als Verkörperung der (körperlichen) Liebe, erscheint als die eigentlich mächtige Figur.

Auch des alten Märchenstoffs „Des Kaisers neue Kleider“ bedient sich das Kunstwerk: Der Kopfschmuck von Imperia ist eine Art Narrenkappe mit Schellen – Imperia nimmt also nicht nur die Rolle der intriganten Kurtisane ein, sondern auch die des Hofnarren, der das Spiel der Mächtigen durchschaut und auf die Schippe nimmt. Die Mächtigen, wenn sie ihrer würdigen Amtstracht beraubt werden, sind nur noch lächerliche Witzfiguren.

Commentaire 35