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Madeleine

Ich nannte sie Madeleine. Zuerst schüttelte sie den Kopf und zuckte mit den Achseln, und ich war vollkommen unfähig, mich näher zu erklären, als ich mir den Knöchel auf dem Quai du Louvre verletzte und an jenem Sonntagmorgen irgend eine Apotheke brauchte. Ich verstand sie nicht, ahnte aber ihre Anteilnahme wie es denn nun meinem Knöchel ginge, aber ein französischer Begriff für das Sprunggelenk lag nicht im Bereich meines Wortschatzes. Ich stellte mir dann vor, wie ich im Rehazentrum in Perros-Guirec, umgeben von Typen im Rollstuhl oder Trainingsanzug, einer Krankengymnastin mit grünen Augen und weißem schmuddligen Kittel gegenüberstehe und meine Knochen wieder miteinander zu verschweißen suche. Dann wäre es doch besser, in dieses anmutige Frauengesicht zu schauen, den Schmerz einfach zu vergessen und im nahen Les Deux Magots mit ihr einen lachenden Vormittag zu verbringen. Madelein schüttelte wieder den Kopf und zuckte mit den Achseln; ich traute mich nach französischer Sitte einen flüchtigen Wangenkuss rechts wie links, und schon war sie ein paar Schritte weiter. Ich setzte mich auf eine Bank zur Entlastung meines Gelenks und es verging eine Stunde, bis ich mich wieder traute aufzutreten. Und ich sah sie plötzlich von Ferne über den Place du Carrousel laufen und meine Nikon freute sich sehr über eine neuerliche Gelegenheit, sich in meine Erinnerung einzumischen.

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Dossier Paris
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Exif

APN NIKON D300
Objectif ---
Ouverture 5
Temps de pose 1/800
Focale 50.0 mm
ISO 200