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Nur selten fotografiert... # 1 [Achtung: viel Text]

Nur selten fotografiert... # 1 [Achtung: viel Text]

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Patrick Rehn


Premium (World), Bebra-Lüdersdorf

Nur selten fotografiert... # 1 [Achtung: viel Text]

... werden von Eisenbahnfans in der Regel Steuerwagen. Das ihre historische Entwicklung dafür umso bemerkenswerter ist wird dabei oft übersehen.

Bereits im frühen 20. Jahrhundert machte man sich bei den damaligen Eisenbahnen Gedanken über mögliche Kosteneinsparungen beim Betrieb von Reisezügen. Diese bestanden, ganz „klassisch“, meist aus einigen Reisezugwagen denen eine Dampflok vorgespannt war. Durchgangsbahnhöfe, wie sie heute selbstverständlich sind gab es zwar durchaus, doch die großen Städte wie etwa Frankfurt, Stuttgart, München, Leipzig oder Berlin besaßen mitunter mehrere (!) Kopfbahnhöfe die mit Beginn des Eisenbahnzeitalter „auf der grünen Wiese“ gebaut worden waren. Die Städte wuchsen jedoch recht schnell und umschlossen diese Areale, so dass ein Um- oder Ausbau in den meisten Fällen scheiterte. Erreichte ein Personenzug nun einen dieser Kopfbahnhöfe oder einen Streckenendpunkt war es erforderlich den Zug am anderen Ende mit einer „neuen“ Dampflok für die Rückfahrt zu bespannen, oder aber der Zug musste in das Gleisvorfeld rangiert werden, die Lok umfuhr ihren Zug, setzte sich an das bisherige Zugende und rangierte den Zug für die Rückfahrt wieder an den Bahnsteig.

Dies Alles kostete nicht nur viel Zeit, sondern auch Betriebsstoffe wie Kohle und Wasser, Personal- und Leistungsstunden in denen die Lok für eine Zugfahrt nicht zur Verfügung stand. Einige Bahngesellschaften, welche meist nur kurze Stichstrecken bedienten und der Aufwand daher im täglichen Betrieb besonders hoch war forcierten daher sehr früh den Einsatz von Triebwagen mit Verbrennungsmotoren, später auch mit elektrischem Antrieb.

So entstand die Idee Züge zu betreiben, bei denen die Lok an einem Ende des Zuges verblieb und quasi von der „anderen Seite“ aus die Steuerbefehle an die Lok übertragen werden sollte.
Bereits früh gab es in anderen Ländern Konzepte und Ideen, wie man die Dampfloks weiterhin mit dem Heizer besetzen konnte und sich der Lokführer dabei im Steuerabteil an der Zugspitze aufhielt. Bei den seinerzeit in England aufkommenden „Push-and-Pull-Trains“ wurden wohl über eine Druckluftleitung die Bremsen und der Regler bedient.

Als erster deutscher Wendezug gingen 1936 die zweiteiligen Doppelstockwageneinheiten der Lübeck-Büchener-Eisenbahn zwischen Hamburg und Lübeck in die Geschichte ein, welche von einer kleinen Stromlinienlok befördert wurde. Der Regler der kleinen 1’B’1-Lok wurde über eine elektrische Fernbedienung mittels Elektromotor und Ketten geöffnet und über einen elektromagnetisch gesteuerten Druckluftzylinder geschlossen. Für die Kommunikation zwischen Lokführer und Heizer, welcher auf der Lok neben der Bestückung des Feuers auch die Dampfverteilung in die Zylinder vorzunehmen hatte wurden eine Klingelanlage und eine Lautsprecheranlage verwendet, welche später durch ein Telefon ergänzt bzw. ersetzt wurde.

Die Bundesbahn erprobte in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg und dem erfolgten Wiederaufbau weitere Konzepte, die in verschiedenen Versuchen mit den unterschiedlichen Traktionsarten mündeten. Nach erfolgreichen Versuchen bei der Baureihe E 44 wurde die ab Ende der 1950er Jahre gelieferte Baureihe E 41 mit den entsprechenden Einrichtungen ab Werk versehen und übernahm nach und nach die anspruchsvollen Aufnahmen im Berufs- und Nahverkehr auf einem Großteil der elektrifizierten Strecken der Bundesbahn. Während zuerst die sogenannten „Hasenkästen“ eingesetzt wurden (neben dem Wagenübergang wurde ein kleiner Führerraum eingerichtet, der aufgrund seiner räumlichen Beengtheit beim Personal den Spitznamen „Hasenkasten“ erhielt) folgten später weitere Steuerwagen mit dem sogenannten „Karlsruher Kopf“, welcher seine Namensgebung der Entwicklung im damaligen AW Karlsruhe zu verdanken hat.

Nur noch vereinzelt können diese einstöckigen Steuerwagen der Bauart n (besser bekannt als Silberling) beobachtet werden, sind sie in den vergangenen Jahren doch meist durch solch mit dem neuen „Wittenberger Kopf“ ersetzt worden. Und auch im Bereich der Doppelstockwagen sind seit der Deutschen Reichsbahn Steuerwagen nichts Ungewöhnliches mehr.

Das Konzept der Steuerwagen war und ist so gut, dass auch seit den 1990er Jahren entsprechend hergerüstete Fahrzeuge im Fernverkehr verwendet werden. Diese wurden zuerst für den Interregio-Verkehr im AW Halberstadt entwickelt und gebaut und später auch in einer anderen Innenraumausstattung für den Inter- und EuroCity-Dienst gebaut.

Erster Vertreter dieser „neuen“ Fernverkehrssteuerwagen war der heutige 51 80 80-95 001-8 (aktuelle Bauart: Bimdzf 271.0), welcher 1995 als 51 80 80-95 801-1 (damalige Bauart: Bimdzf 269 - Spenderwagen war ein ehemaliger ABom 226 mit der Wagennummer 51 80 30-85 694-3) an die Deutsche Bahn übergeben wurde.

Am 19. Juli 2010 konnte ich genannten Wagen an der Spitze des IC 2204 von Frankfurt am Main nach Bebra in der Nähe von Ludwigsau-Mecklar aufnehmen, geschoben wurde der Zug damals von 120 152-4.

Wer mehr über die Entwicklung der Wendezüge und Steuerwagen erfahren möchte, dem sei die Monatsausgabe April 2010 des Eisenbahn-Journal ans Herz gelegt: Auf knapp 40 Seiten wird die Entwicklung der Steuerwagen in Deutschland in einer Ausführlichkeit beschrieben, dass eigentlich keine Fragen mehr übrig bleiben.

Aufnahmedatum: Montag, 19. Juli 2010 – 17:59 Uhr || Aufnahmeort: bei Ludwigsau-Mecklar [Nord-Süd-Strecke / KBS 610 „Fuldatalbahn“ / nördlich Bad Hersfeld] || Verwendete Kamera: Nikon D80

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Dossier Bahn - Hessen
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Exif

APN D80
Objectif AF-S DX Zoom-Nikkor 18-135mm f/3.5-5.6G IF-ED
Ouverture 4.8
Temps de pose 1/1250
Focale 44.0 mm
ISO 200