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Anette Z.


Premium (Complete), Aachen

same but different 39

Die Serie "Same but different" beschäftigt sich mit Klassenunterschieden, Gemeinsamkeiten und Vorurteilen.

Sie entstand, indem ich Viertel besucht habe, wo eher Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen wohnen. Aber auch Viertel, wo die Bewohner als gut situiert gelten. Die Ergebnisse stelle ich gegenüber.
Im Laufe meiner Arbeit habe ich festgestellt, dass man oft den Bildern gar nicht ansieht, in welchem Viertel man unterwegs ist. Was viele Menschen nicht daran hindert, ihre Vorurteile zu haben.

Als Beispiel möchte ich zwei Kollegen zitieren.

Eine Kollegin sagte voller Überzeugung über ein bessergestelltes Viertel in Aachen „Wenn ich mir schon ansehe, wer da wohnt. Kotz!“ Ich habe mir überlegt, ob ich antworten soll „Aha. Da wohnen Freunde von mir. Erklär mir doch mal bitte, was an denen so ‚Kotz‘ ist. Ich hab es nämlich noch nicht gemerkt.“

Anders herum habe ich einen Kollegen, der der festen Überzeugung ist „Wer Abi machen kann und es nicht tut, ist ein Vollidiot.“
Schüler, die sich drei Jahre in der Gymnasialen Oberstufe rum quälen‚ obwohl sie es hassen, um sich die Chancen nicht zu verbauen‘ haben wir genug.
Fachkräftemangel in Ausbildungsberufen hat die Wirtschaft genug.
Aber das Wichtigste ist halt, ‚es im Leben zu was zu bringen‘ … finanziell natürlich.

Schon komisch, dass der Erfolg, der so wünschenswert ist dann verachtet wird, sobald der „Erfolgreiche“ deutlich mehr verdient als man selbst.

Ich habe auch festgestellt: Die Wahrnehmung von „Arm“ und „Reich“ ist relativ. „Armut“ fängt immer 50% unterhalb meiner Einkommensgrenze an. „Reich“ sind immer die, die sich Dinge leisten können, die ich nicht bezahlen kann.

Vielleicht brauchen wir das? Das Gefühl, besser zu sein, als die „unter uns“.
Und das Gefühl, dass den Menschen, die erfolgreicher sind als wir irgendwas fehlt.
Weil wir uns ihnen sonst unterlegen fühlen.

Commentaire 8

  • verocain 03/04/2024 17:00

    Es wird immer kunstvoller mit den Collagen, ich sehe immer mehr Gemeinsames als Trennendes. Formal fällt die Beurteilung der Bilder wesentlich leichter als Inhaltlich.
    • Anette Z. 04/04/2024 10:04

      Du kannst dir aber wahrscheinlich vorstellen, wie oft sich Leute meine Bilder ansehen und (sinngemäß) sagen "Ich kann aber gar nicht sehen, wo jetzt arm und reich ist. Das solltest du deutlicher zeigen"

      Immerhin hast du den "same" Teil des Serientitels verstanden ... *Sarkasmusmodus aus**
    • verocain 04/04/2024 10:44

      Wenn man Bilder macht, kann man sich nicht danach richten, was die Leute verstehen oder sagen. 
      Jemand, der in diesem Segment einen Satz beginnt mit: "Du solltest..." betrachte ich mit äußerster Vorsicht. 
      Bilder und Kunst sind kompromißlos. Wenn jemand etwas nicht sieht oder nicht versteht, ist das immer sein Problem, nicht das des Bildautoren. 
      Du weißt, dass ich das ähnlich kompromisslos mit anderen Sichtweisen sehe.
      die Gefühle oder Ansichten des Betrachters können kein Maßstab für den Bildautoren sein, ein Bild nicht zu machen oder einen Text oder song nicht zu schreiben.
      Kunst kommt nach meinem Verständnis von "Müssen", und nicht von Können.
      Und ob man etwas versteht entzieht sich andererseits der Absicht des Bildautoren. Er verliert die Deutungshoheit sobald er etwas veröffentlicht. Darüber muss er sich im Klaren sein.
      Bei sehr vielen Bildern werde ich von Betrachtern missverstanden. Das sind aber dann die viel zitierten Einzelschicksale, auf die ich leider bei der Erstellung meiner Bilder keine Rücksicht nehmen konnte.
      Ähnlich, halt nur in anderen Bereichen, scheint das bei dir zu sein. Du nimmst auch keine Rücksicht auf den Betrachter. Das ist gut so - und letztlich verbindet es, auch wenn es manchmal schwierig und anders ist:
      Same but different eben ;-)
      :-))))))))))))
    • Anette Z. 04/04/2024 11:25

      Ich weiß nicht genau, ob ich das meine. Manchmal machen wir ja Fotos, in dem Wissen, dass viele sie missverstehen werden. Aber je besser unsere Bilder sind, umso mehr Probleme haben die Betrachter, die Bilder misszuverstehen. Dann fangen sie an nachzudenken.

      Oder die Bilder haben eine so klare Botschaft, dass es dauernd am Betrachter nagt, dass seine Sicht keinen Sinn macht. Dann fängt er an, nachzudenken und ändert vielleicht seine Sichtweise. So kann Sozialkritik funktionieren.

      ... Es gibt da auch eine andere Herangehensweise: Man macht einfach seine Bilder so herausfordernd, dass sie Missfallen erregt. Das ist genau die Ansatzweise der Person, die meine Bilder als negativ betrachtet: Je mehr ihre Bilder missverstanden werden und je aggressiver die Missversteher reagieren, umso mehr stellen sie sich selbst bloß. Kenne ich von einem Fotodozenten, der seine Schüler regelmäßig dazu auffordert, mit ihren Bildern die "alten weißen Männer vom Fotoclub (Zitat) mal so richtig bloßzustellen. Und was ihm dabei am meisten Spaß macht: Die Missversteher merken nicht mal, wie sie bloßgestellt werden.

      Jede Vorgehensweise sagt dann auch was über den Fotografen aus. Und intelligente Bildbetrachter merken auch diese Absichten und denken sich ihren Teil dabei.
    • verocain 04/04/2024 12:09

      Hm…diese Betrachtungsweise ist mir zu akademisch und zu sehr auf den Betrachter als Teil der Kommunikation bezogen. 
      Wer intelligent ibezrachtet und versteht , vermag ich nicht zu beurteilen und ich bin sehr vorsichtig mit Menschen , die von sich glauben , das beurteilen zu können. 

      Wie gesagt : ich persönlich mache ein Bild , weil ich es machen muss. Es ist ein Drang . 
      Was der Betrachter damit macht , ob er es versteht oder wie er es sieht , ist seine Sache.
  • Fotobock 03/04/2024 10:17

    Mir gefällt der Name der Straße links: Im neuen Garten. Obwohl es eher aussieht, als ob die Bewohner keinen Garten haben. Schön, wie die Natur sich langsam an der Hausmauer hochschlängelt. Man könnte jetzt auch denken: vermauert, abgeschottet. Daneben ein feiner Durchblick in einen gepflegten Garten, mit einer hübschen Statue. Offen und doch durch Gitter geschlossen. Lg Barbara