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Stell' Dir vor, Du willst provozieren, aber niemand geht hin ...

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Stell' Dir vor, Du willst provozieren, aber niemand geht hin ...

... denn es sind Schulferien und die Leute hängen anderswo ab

Münster, 28. Oktober 2011. Ausstellung „Forum Kunst und Wissenschaft. Ich. Identität und Fiktion. Bearbeitung: Corel PhotoImpact. Kontrastanhebung mit S-Kurve 175/190. Nachschärfen des auflösungsreduzierten Bildes 20/100.

1.

Wenn Kunst und Wissenschaft sich treffen

Interdisziplinärer Workshop mit Ausstellung und Rahmenprogramm beim Forum Kunst und Wissenschaft in der Stadthausgalerie

Wenn fünf Wissenschaftler und fünf Künstler aufeinandertreffen, um sich über die Grenzen ihrer Fächer hinaus mit dem Thema "Ich. Identität und Fiktion" auseinanderzusetzen, dürfen spannende Ergebnisse erwartet werden. Das interdisziplinäre Projekt findet vom 18. Oktober bis 6. November in Münster statt. Veranstalter des Forums sind der Universitätsausschuss für Kunst und Kultur der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU), das Kulturamt der Stadt Münster und die Kunstakademie Münster. Der erste Teil des Projekts ist nicht-öffentlich und sieht einen einwöchigen Workshop (18. bis 25. Oktober) der Künstler und Wissenschaftler vor, der den Austausch künstlerischer und wissenschaftlicher Arbeits- und Denkprozesse voranbringen soll.

Vom 26. Oktober bis 6. November sind die Ergebnisse des Workshops dann in der Stadthausgalerie im Rathausinnenhof, Platz des Westfälischen Friedens, zu sehen. Der Eintritt zur Ausstellung und für alle Veranstaltungen des Rahmenprogramms ist frei.

Öffnungszeiten: Di-So 12-20 Uhr

Rahmenprogramm des Forums Kunst und Wissenschaft

Mittwoch, 26. Oktober, 19 Uhr – Vernissage
Freitag, 28. Oktober, 18 Uhr – Vortrag Prof. Dr. Reinhold Zwick (WWU)
Sonntag, 30. Oktober, 18 Uhr – Performances von Ensemble-Mitgliedern des Tanztheaters der Städtischen Bühnen Münster
Dienstag, 1. November, 18 Uhr – "Friendly Fire – Ein Wikileaks-Drama"
Mittwoch, 2. November, 18 Uhr – Konzert von Joasihno mit der Projektionskünstlerin Inga Lakenau
Freitag, 4. November, 18 Uhr – Vortrag von Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf (WWU)
Sonntag, 6. November – Finissage – Konzert des 1. Deutschen Stromorchesters unter der Leitung des Kölner Künstlers und Musikers Rochus Aust

Teilnehmende Künstlerinnen, Künstler, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler:

Stephan Berghaus (Doktorand der Germanistik/WWU)
René Haustein (Kunstakademie Münster)
Dr. des. Astrid Henning (Literaturwissenschaftlerin/Universität Hamburg)
Philipp Hubmann (Doktorand der Literaturwissenschaften/WWU)
Inga Krüger (Kunstakademie Münster)
Kai Löser (Doktorand der Literaturwissenschaften/Universität Bielefeld)
Friederike Nemitz (freie Künstlerin/Düsseldorf)
Daniela Neuhaus (freie Künstlerin/Berlin)
Tim Zumhof (Doktorand der Erziehungswissenschaft und Philosophie/WWU)

http://www.muenster.de/stadt/kulturamt/stadthausgalerie.html


2.

Der abgedruckte Text stellt das „Produkt“ der Arbeit der fünf Wissenschaftler und fünf Künstler dar, das in Stapeln auf dem gezeigten Tisch ausliegt.

adornopornorm ist die neue Form. adornopornorm ist nicht Zero. Es ist der tatsächliche Start. adornopornorm ist die Redaktion. Ist Reduktion. Ist Provokation und Spiel.
 
Eine Erzählung, die es verdient, biografisch genannt zu werden. Ein Philosoph verliebte sich in seine Sprache. Nach jedem Satz, den er niederschrieb, war er von der Geilheit seiner Syntax derart stimuliert, dass er wie ein Onanist am Knisterbalken seiner Sprache weiterrubbeln musste, bis er selbst irgendwann nicht mehr verstand, warum und wieso. Das Pornorm ist wie der Ormtropfen der Genialität, der dem Rubbeln des Philosophen versagt blieb. adornopornorm ist direkt und saftig, es stellt sich ein, wann es will, dann aber richtig und lässt sich aus dem Kopf und Körper nicht einfach streichen.
adornopornorm ist eine bastardisierte Kreuzung aus Kunst und Wissenschaft. Wie die romantische Welt einst den Vater als das Rationale, die Mutter als das Jenseitig-Versponnene imaginierte, ist adornopornorm beides zugleich in seiner konvexen Umstülpung in die Sphäre der Zwischenvernunft. Wer Kunst und Wissenschaft zusammentreffen sehen will, ohne beide Bereiche ihrer Eigenheiten zu berauben, der darf nicht auf Kunst oder Wissenschaft hoffen. Ergebnis kann nur adornopornorm sein: Der Schwesterbruder einer dritten Ebene, die sich noch nicht buchstabieren lässt, weder hineinsprechen in die Bilderwelt der Kunst, noch in die Sakkotasche des Verstandes.
Wir sehen im Kaleidoskop des adornopornorms die schluchzende junge Frau im Weichzeichner einer Homevideo-Kamera, die beichtet, aus einer glücklichen Familie zu kommen. Das Trauma des Glücks ist drückend. Es grenzt uns aus der Jammergesellschaft aus und vereint uns hinter den Rücken unserer Gedanken miteinander, mit der Horde der anderen Unbezähmbaren, die es nicht verlernt haben, trotz der tannenbeschatteten Campingwagen abgründiger Fantasien an der Kraft der Neugier und des Spiels festzuhalten. Forsche, kleine Frau mit Hornbrille, und sag weiter mit nach vorne geschobenem Kinn: „meine Mutter“, „mein Großvater“, die „Autobahn.“
adornopornorm kann nur gefühlt werden mit Sekt, Donna-Diva-Hut und Adidas-Samba-Schuhen auf dem Weg zu dem und dem Exfreund, in der Mittagspause, abends und morgens von Medikamenten blass auf Nachdenken gestimmt. Denn Heine wird gelesen von diesem und jenem und kann nur in fünf Jahren lange herausgefordert, lange heraufgeschrieben und fatalerweise ins Mark seziert werden, wenn das Orm in Reichweite erscheint, als der Tautropfen der Sicherheit, gegen die wir immer kämpfen werden, solange sie uns anders als erhofft zu widerfahren droht.
Die Gelenke knicken sich im Takt eines russischen Kapuziners mit weißem Schweif und Ami-Visum, der uns zum Roboter der perfekten Darbietung tunen will mit immer und immer der gleichen Bewegung. Das Auge sieht und sieht nicht das Einrasten, das Umfallen und Aufbäumen der Glieder des Partners, der sich wälzt, wie wir uns wälzen. adornopornorm bedeutet die Knotungen der eigenen Laster im gestauchten Tanz des Anderen geschehen zu sehen, ohne ihn und sich selbst begreifen zu wollen.
Klar ertappen wir uns bei dieser und dieser Geste, die dem Orm ferner als fern ist. Und die Arroganz des leeren Raumes, der nur unzureichend beschriftet wird, steht uns schlecht zu Gesicht, wie eine ausfahrende Handbewegung, die dir und dir und nur dir an die Pupille geht, weil dein Auge gewohnt ist zu sehen und nicht zu frieren. Im Blick des andalusischen Hundes laufen die Gedanken heiß, im adornopornorm stecken sie fest im Eisbecken des winterlichen Seelenmünsters und bannen die Kälte an kahle Wände.
Auf der Suche nach dem Tisch, an dem du deine Blätter breiten, deine Geschichte nun endlich, endlich vorlesen kannst, sitzt du nun auf Polstermöbeln im Schaufenster des Plastikverkäufers mit horrenden Preisen. Auf den Balken der niedrigen Decke läufst du dem Orm entgegen und davon, denn der passende Tisch ist noch nicht gefunden, an dem du sitzen, auf dem du laufen und laufen kannst, ohne dich je zu bewegen und dich weiter bewegst als der Balken des Plastikhändlers jemals reicht.
 
adornopornorm ist die neue Form. adornopornorm ist nicht zero. Es ist der tatsächliche start. adornopornorm ist die Redaktion. Ist Reduktion. Ist Provokation und Spiel. adornopornorm ist das lch von Etwas. adornopornorm ist frühzeitiger Geisteserguss, adornopornorm schafft Maschinengewehr-Handgelenke. adornopornorm renaturiert Bücher zu Bäumen. adornopornorm ist der geilste Egoshooter, der jemals entwickelt wurde, adornopornorm ist seriöse Arbeit. adornopornorm ist der Traum im Traum. adornopornorm ist Laserblaster. Ich habe adornopornorrn auf Ihre Eier gerichtet, seit Sie hier sitzen.
 

3. Ein Zeitungsbericht

Das Büro ist die Lösung

Münster - Kunst trifft Wissenschaft. Und was kommt dabei heraus? Viele Worte, viel Papier und ein Büro. Also eine Art parlamentarische Bürokratie. Immerhin, ein bisschen mehr als heiße Luft. Das von der Universität und dem Kulturamt initiierte Aufeinandertreffen von Wissenschaftlern und Künstlern hat jetzt zur Vernissage ein Ergebnis erbracht, das die Beteiligten allerdings auf keinen Fall als „Resultat“ missverstanden wissen wollen. Alles, nur keine Festlegung, scheint das Motto zu sein. Alles ist Prozess, alles fließt. Heraklit hätte seinen Spaß.

Und der Fluss der Wörter soll weiter strömen und in der Stadthausgalerie zusammenfließen. Im Zentrum von Skype, Mails, vielleicht sogar der Briefe sitzt Inga Krüger. Hinter der Künstlerin prangt das Wort „Redaktion“ an der Wand. Vor ihr ein Schreibtisch mit Stiften, Klebern und Blätter-Türmen. Die sind aus einem Manifest gebildet, das als Zwischenstand des geistigen Austauschs gelten soll und gleich ein neues Wort propagiert: adornopornorm.

Die Buchstaben sollen Provokation sein und sind Wort-Spielerei. Wer sich das scheinbar wie im Rausch heruntergeschriebene „adorno-por-norm“-Manifest durchliest, spürt darin vor allem den Gefühlszustand einer von Trotz und Lust genährten Rebellion, sich unter gar keinen Umständen von irgendwem, und sei es von sich selbst, festlegen zu lassen. Vielleicht steckt dahinter die Angst, begriffen zu werden. Welcher Künstler will sich schon von Fremden begreifen lassen . . . Und welcher Wissenschaftler sehnt sich nicht danach, einmal die Knechtschaft von Vernunft und Rationalität zu verlassen.

Um so erstaunlicher ist, dass die Teilnehmer des Experiments sich Verwaltung als Lösungsweg erkoren haben. Raumbeherrschend in diesem derzeit größten Büro Münsters ist die Leere. Da wirkt der an sich respekterheischend großflächige Schreibtisch fast schon verloren. Ebenso verloren wie Inga Krüger. Aber alleine ist sie trotzdem nicht. Denn ihre Mitstreiter werden mit ihr Texte, Bilder, möglicherweise Videos austauschen. Am Ende soll auf jeden Fall „eine Publikation“ stehen, „irgendwas zwischen DIN A 4 und DIN A 5“.

Auf dem Grab des Magister Martinus von Biberach soll gestanden haben: „Ich bin und weiß nicht wer, / ich komm und weiß nicht woher, / ich geh, ich weiß nicht wohin / mich wundert, dass ich so fröhlich bin!“ Vielleicht hilft diese Weisheit ja auch Künstlern und Wissenschaftlern fünfhundert Jahre später . . .

VON GERHARD H. KOCK, MÜNSTER

http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/muenster/kultur/1750973_Das_Buero_ist_die_Loesung.html

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La photo ne se trouve pas dans la discussion. De ce fait elle ne peut pas être commentée .

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APN COOLPIX P7000
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ISO 200