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Zweipunkt-Ohrwurm (Anechura bipunctata, 6699)

Zweipunkt-Ohrwurm (Anechura bipunctata, 6699)

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Weißwolf


Premium (World), Güstrow

Zweipunkt-Ohrwurm (Anechura bipunctata, 6699)

2005 wurde Anechura bipunctata, der Zweipunkt-Ohrwurm (2PO), in Deutschland wieder gefunden; der zuvor letzte, als gesichert geltende Nachweis stammte aus den späten 1920er Jahren. Alle anderen gemeldeten Funde, v.a. jene aus Thüringen und Sachsen, müssen als sehr unsicher gelten und werden konsequenterweise auch nicht berücksichtigt. Damit steht er in der aktuellen Roten Liste Deutschland in einer neuen Kategorie; von „ausgestorben/verschollen – 0“ rückte er nach „vom Aussterben bedroht – 1“ auf.
Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst nach bisherigen Erkenntnissen in Europa die inneren Alpen, die Karpaten und einige Gebirge im Mittelmeerraum. Sie kommt in der Nominatform einerseits auf sehr warmen, gut besonnten und niederschlagsarmen Stellen oberhalb der Baumgrenze wie alpinen Matten und vegetationsarmen Geröllhängen vor, andererseits in sehr warmen Steppengebieten Osteuropas. Eine zweite Unterart lebt weiter östlich in Südwestasien und im Kaukasus; das östlichste Vorkommen wurde aktuell (2021) in Kirgistan gefunden. Die untere Höhengrenze scheint bei etwa 1.500 m, die obere in Zentraleuropa bei 2.630 m (höchster Fundpunkt) zu liegen. In der Türkei konnte die Art noch in 3.500 m Höhe nachgewiesen werden. Die Vorkommen in den europäischen Gebirgen und Steppen sowie denen Asiens unterscheiden sich stark in ihrem Geschlossenheitsgrad, hier zerrissen, dort zusammenhängend. Das Bild zeigt ein adultes Männchen, gefunden am 17. Oktober 2021 in 2.290 m Höhe auf der Lauchernalp (Lötchental, Kanton Wallis, CH) in der spärlichen Bodenvegetation laufend.
Die Verbreitung des 2PO deutet auf eine Begünstigung durch den Menschen hin, denn dort, wo alpine Wälder der Alpweide gewichen sind, hat sich sein potenzieller Lebensraum vergrößert. Das bedeutet jedoch gleichzeitig, dass die Aufgabe der Beweidung und die Verschiebung der Waldgrenze nach oben im Zuge des Klimawandels den Ohrwurm als alpine Steppenform (subalpin bis hochalpin) erheblich in Bedrängnis bringen.
Adulte Tiere kann man das ganze Jahr über finden. Die Eiablage erfolgt offenbar ab dem zeitigen Frühjahr, die ersten Larven tauchen kurze Zeit später – ab Ende Mai – auf. Larven und voll entwickelte Tiere halten sich oft auf Steinen, unter flachen, sich gut und gleichmäßig erwärmenden Steinen und auf Kuhfladen auf. Die Nahrung besteht stark überwiegend aus pflanzlichem Material, sowohl Blüten (!) und Frischgrün als auch verrottendes Material; in sehr seltenen Fällen werden tote Gliederfüßer verwertet. Die auffälligen Cerci am Hinterleibsende dienen bei beiden Geschlechtern der Drohung gegenüber möglichen Fressfeinden und – den Männchen – gegenüber der Konkurrenz. Sie dienen ihnen aber nicht als Beutegreiforgane wie beim Sandohrwurm Labidura riparia, da sie eben keine Räuber sind.
Unter den ca. 2.000 beschriebenen Ohrwürmen (Dermaptera) gibt es einige (ca. 20 untersuchte Arten, darunter diese), die eine intensive Form von Brutpflege betreiben; überhaupt ist das Reproduktionsverhalten unter den nichtsozialen Insekten hier einzigartig. Das beginnt mit der Eiablage in selbstgegrabenen Brutkammern, führt über den Schutz und die Pflege der Larven bis hin zur Fütterung.

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Exif

APN NIKON D300S
Objectif Sigma Macro 105mm F2.8 EX DG OS HSM
Ouverture 18
Temps de pose 1/80
Focale 105.0 mm
ISO 100

Plébiscité par