Mafiöse Machenschaften

… und Leopold fuhr fort, die unglaubliche Entführungsgeschichte zu erzählen:

„Am Ende der Straße erblickte ich eine Ballustrade, auf der aufgereiht die sieben vermissten Zwerge standen. Sogar das zugehörige Mädchen konnte ich von meinem Beobachtungsposten aus entdecken. Es erschien mir überaus befremdlich, dass die Gesuchten einfach dort standen, offenbar in Freiheit, jedoch keinerlei Anstalten machten, sich zu entfernen. Dieser eigentümlichen Sache beschloss ich nachzugehen.

Im Schutz der Oleanderallee tastete ich mich vorsichtig an den Ort des grausigen Geschehens heran, wobei ich mich immer wieder hinter Baumstämmen und parkenden Autos in Sicherheit bringen musste. Der Straßenbelag war zwar sehr schön mit eingelassenen Steinen gestaltet, jedoch uneben. Dennoch rasten ständig flinke Vespas den Weg hinab, und ich geriet mehr als einmal in Todesgefahr, als sich mir quietschend und schwankend ein Gefährt näherte. Nur mit beherzten Hüpfern konnte ich verhindern, ein vorzeitiges Ende auf den Straßen des Südens zu finden und mit einem abschließenden, raschen Besenstrich auf dem Kehrichthaufen zu landen.

Als eine junge Dame eiligen Fußes die Straße entlangstöckelte, drohte die Lage völlig zu eskalieren, doch da sie wild lamentierend mit ihrem Handy beschäftigt war, gelang es mir, mich schweißgebadet und in letzter Sekunde in Sicherheit zu bringen.Vorsichtig rufend versuchte ich dann, mit den Zwergen auf der Mauer Kontakt aufzunehmen, doch die Entfernung war zu groß, und so musste ich das einst von der Gartenfee erhaltene Leichtgewichtspulver, eines von drei Geschenken, die mir die Durchführung meiner Missionen erleichtern sollten, erstmals anwenden. Ich musste nur wenig des glitzernden Pulvers über meinen Körper verteilen, und schon gelang es mir, die Mauer zu erklimmen.

Die Zwerge waren völlig überrascht ob des unerwarteten Besuchs, und es dauerte eine Weile, bis ich die wild durcheinander gerufenen Informationen ordnen und zu einem Tathergang zusammensetzen konnte. Offenbar handelte es sich bei der Entführung um eine Aktion der Mafia, die im Auftrag eines Filmbosses die einstigen Stars beseitigen sollte, um freie Bahn für ein neues Zeichenfilmprojekt zu schaffen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion waren die sieben Zwerge nebst der Hauptdarstellerin verschleppt und nach Sizilien verschifft worden, wo sie im Meer ein nasses Grab finden sollten.

Man hatte auch bereits die notwendigen Betonschuhe angepasst, doch war der für diesen Job abgestellte Luigi Pavarone kurz vor Ausführung desselben in die Schusslinie zweier rivalisierender Familien geraten und der Vendetta zum Opfer gefallen. So lagen denn die Delinquenten eine Weile im Hinterhof des pavaronischen Anwesens, bis ein entfernter Vetter der Familie sie mitnahm, um den Vorgarten seines neuen Hauses in Bordighera zu zieren, wohin er sich mit neuer Identität zurückgezogen hatte. Diese Betonschuhe aber verhinderten mit ihrem nicht unerheblichen Gewicht, dass die Zwerge sich wieder von dort entfernen konnten. So standen sie also und verwitterten in der glühenden Sonne, stets träumend vom einstigen Glanz und Ruhm ihrer Filmkarriere und immer auf Rettung hoffend.

Ich war erschüttert und beschloss, zum Strand zu gehen und nachzudenken, wie ich die Ärmsten befreien könnte..."

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