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W.H. Baumann


Premium (World), Fichtelgebirge

Steinschneiden

Wie ihr bemerkt, habe ich diesmal ein mittelaterliches Gemälde von Hieronymus Bosch in den realen Hintergrund der Stadt Dinkelsbühl in Mittelfranken einbezogen.
Hinter dem Begriff „Steinschneiden“, das im Mittelalter immer wieder praktiziert wurde, verbarg sich ein Gaunerstück der besonderen Art: Fahrende Quacksalber boten reichen Leuten an, ihnen gegen ein hohes Entgelt „den Stein“ aus dem Kopf zu operieren und sie damit von Dummheit und Narretei zu befreien.
Der „Patient“ wirft einen gequälten, mitleidheischenden Blick auf den Betrachter. Der hinter ihm stehende Quacksalber ist mitten in der „Operation“. Er trägt einen umgestülpten Trichter auf den Kopf, das von Bosch geprägte Symbol für „betrügerische Absicht“. Der Quacksalber schirmt sich gegen den Himmel und damit gegen den Segen Gottes ab. Auch zieht er keine Steine aus dem Kopf des Mannes, es sind Blüten, genauer: Sumpftulpen. Der Begriff „Sumpftulpe“ stand herkömmlich für „Seerose“, in der Gaunersprache allerdings wurde er als Bezeichnung für Geld verwendet. Dass der reiche Mann dieser Behandlung nur unterzogen wurde, um ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen, wird zusätzlich augenscheinlich gemacht durch die Tatsache, dass seine lederne Geldbörse von einem Dolch durchstoßen ist. Ect.
(wiki)

Commentaire 10

  • Joachim Irelandeddie 10/04/2021 14:32

    Selbst damals schon haben sich die Gauner etwas einfallen lassen um an das Geld der Reichen zu kommen  ;-)

    lg eddie
  • Trugbild 20/09/2014 20:29

    Sehr schön, diese Gemälde und prima erklärt. Da gäbe es heute wie damals viele Menschen, denen man einen Stein aus dem Hirn entfernen müßte.
    Das mit dem Trichter bei Boschs Bildern wußte ich nicht. Danke Werner!

    Schönes Wochenende! Gruß Adeltraut
  • marant 19/09/2014 12:53

    was man nicht so alles mit sich machen liess um ins "himmelreich" zu kommen mit freundlicher unterstützung von gottesmann und gottesfrau.

    viele grüsse ...
    marant
  • Maria J. 17/09/2014 21:23

    Eine interessante Geschichte!
    Sumpftulpen tragen wir also im Kopf
    – aber wenn wir ein Buch darauf legen,
    können wir diese OP vielleicht noch rechtzeitig umgehen ...?
    Reich und dumm scheint es also schon
    immer gegeben zu haben .. ;-)
    LG Maria
    Nein, Dinkelsbühl habe ich hier nicht ausmachen können .. ;-)
  • Joa Maurer 17/09/2014 12:53

    Stark, hoch interessant, danke für die Recherche und die Darstellung in Wort und Bild.
    vg
    joa
  • tinchen49 17/09/2014 8:12

    deine Aufnahme dokumentiert die Geschichte großartig. Ich muss sagen, ich habe die Anmerkung mit Genuss gelesen und wie in einem Bilderbuch immer wieder auf die Aufnahme zurückgegriffen. Klasse gemacht und Danke.
    lg tinchen
  • Karl Peisker 16/09/2014 22:46

    Dankte für die Info.
    Ich habe mich ja im Abi-Kunst-Kurs (lang ist's her) ausführlich mit Bosh befasst. Aber diesen Hintergrund der Geschichte kannte ich noch nicht. (Damals gab's ja noch nicht mal Internet, geschweige Wiki).
    Schade, dass es Dir nicht gelungen ist, die Bosch-Szene besser in das Bild zu integrieren. Es wirkt leider wie lieblos mit der Schere ausgeschnitten und aufgeklebt. Grade auch durch die hellen, grade und harten Kanten.
  • W.H. Baumann 16/09/2014 19:56

    @Walter: Die Nonne schaut ungerührt, geradezu kalt der Operation zu und balanciert dabei ein Buch auf dem Kopf. Die Annahme liegt nahe, dass sie sich mit dem Buch ebenfalls gegen den Himmel abschirmen will, eine solche Deutung würde dem Bild eine innere Ausgewogenheit verleihen. Möglicherweise ist das Buch am Kopf der Nonne die Bibel, das würde die damalige Stellung der Frau wiedergeben.
    (wiki)
  • Martina H-P 16/09/2014 19:20

    danke für die ausführliche Beschreibung,sehr interessant:-)
    lg tina
  • WM-Photo 16/09/2014 19:19

    Welch eine Geschichte. Und die Frau rechts, die den Kopf stützt, liest gerade einen langweiligen Krimi! ;-)

    Gruß Walter